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Der Uhrenmann Der Uhrenmann: Tagewerbener bringt stille Kirchenuhr zum ticken

Von Andreas Richter 26.10.2019, 16:00
Dieter Klaaßen zieht die mechanische Pendeluhr in der Tagewerbener Kirche auf.
Dieter Klaaßen zieht die mechanische Pendeluhr in der Tagewerbener Kirche auf. Peter Lisker

Tagewerben - An jedem dritten Tag hat Dieter Klaaßen eine wichtige Aufgabe. Dann macht sich der 71-Jährige meistens mit dem Fahrrad auf den kurzen Weg von seinem Haus zur Kirche in Tagewerben, steigt die steilen Holzstufen im Turm hinauf und zieht die mechanische Pendeluhr wieder auf.

Dieter Klaaßen ist der Uhrenmann von Tagewerben. Und das nicht nur, weil er das Uhrwerk unermüdlich am Laufen hält. Dass der alte Zeitmesser überhaupt wieder läuft, haben die Tagewerbener ebenso dem gelernten Schlosser zu verdanken. Es war vor gut einem Jahr, beim Herbstfest am Gotteshaus. Da erinnerten sich die Tagewerbener bei Kaffee und Kuchen plötzlich wieder an die Uhr im Kirchturm, die wohl vor einem halben Jahrhundert das letzte Mal geschlagen hatte.

„Ich hab’ mir die Uhr einfach mal angeschaut“

Schließlich fasste Klaaßen einen Entschluss. „Ich hab’ mir die Uhr einfach mal angeschaut“, erinnert er sich. Und wenig später zog er mit Staubsauger, Pinsel und Drahtbürste auf den Kirchturm, um die Uhr von Dreck und Spinnweben zu befreien. „Ich habe erst mal grob sauber gemacht“, erzählt der Tagewerbener.

Doch dabei sollte es nicht bleiben. Das Interesse des Schlossers, der 20 Jahre lang im Tagewerbener Betonwerk gearbeitet hat, war endgültig geweckt. Und so machte sich Dieter Klaaßen einfach so ans Werk, um die Pendeluhr zu reparieren. Um den genauen Aufbau zu vergleichen, war das Internet ein guter Ratgeber. Teile, die ausgebaut werden konnten, nahm Klaaßen mit nach Hause, um sie dort zu reparieren. Selbst eine neue Feder am Pendel hat er mit seinen geschickten Händen angefertigt und damit eine defekte Feder ersetzt.

Mehrere Wochen hat er an der Uhr gearbeitet

Mehrere Wochen hat er an der Uhr gearbeitet. „Es hat auch viel Spaß gemacht“, sagt Klaaßen. Seine Frau wurde in der Tagewerbener Kirche getauft. Zusammen interessieren sie sich auch außerhalb ihres Heimatortes für Gotteshäuser. Am 11. Oktober vergangenen Jahres war dann der große Tag. Eine der drei Glocken der Turmuhr hat zum ersten Mal wieder geschlagen. Still und heimlich, ohne eine große Feier. „Die Leute waren erst mal ziemlich überrascht. Mittlerweile haben sie sich daran gewöhnt“, erzählt Klaaßen.

Seit einem Jahr kümmert sich der Tagewerbener nun um die Turmuhr. Wenn jetzt am Wochenende die Sommerzeit endet, dann wird er die Uhr am Sonnabend für eine Nacht anhalten. Am Sonntag steigt er dann wieder hoch und stellt die neue Zeit ein. Wenn Familie Klaaßen in Urlaub fährt, dann bleibt die Uhr auch mal stehen - oder Sohn Peter übernimmt mal kurz die Rolle des Tagewerbener Uhrenmanns.

Ganz zufrieden ist Dieter Klaaßen nach der Reparatur der Uhr indes noch nicht. Das Zifferblatt ist sanierungsbedürftig. Zudem verdecken zwei große Linden vor der Kirche die Sicht auf das Zifferblatt. Vielleicht kann man das ja irgendwann ändern, hofft er. Damit man die reparierte Uhr nicht mehr nur hört, sondern auch gut sehen kann. (mz)