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Der Chef hielt Wort Der Chef hielt Wort: So hat sich Flüchtling Dawit in der Autowerkstatt integriert

Von Petra Wozny 07.10.2017, 08:00
Dawit Shimendi aus Eritrea hat beim Ford-Autodienst Weißenfels eine Ausbildung begonnen. Nach der Lehre will er auch hier arbeiten.
Dawit Shimendi aus Eritrea hat beim Ford-Autodienst Weißenfels eine Ausbildung begonnen. Nach der Lehre will er auch hier arbeiten. Peter Lisker

Weißenfels - Dawit Shimendi ist ein glücklicher Mann. Vor zwei Jahren hat er seine Natsinett geheiratet. In diesem Sommer wurde das erste Kind geboren. In Weißenfels bezog er eine Wohnung. „Und dann kam der Hammer“, sagt er strahlend. „Ich bekam einen Ausbildungsvertrag im Ford-Autodienst hier in Weißenfels. Kannst du dir vorstellen, was das bedeutet?“

Er atmet tief durch und erklärt es dem Außenstehenden. Hier im Autodienst habe er ein Praktikum gemacht. Sein Chef habe damals gesagt: „Wenn du gut bist, kriegst du bei mir einen Ausbildungsplatz.“ Dawit Shimendi war gut und der Boss, Gregor Lorenz, hat Wort gehalten.

Eritreer lernt in Autowerkstatt in Weißenfels: Vorbehalte vom Anfang zerstreuten sich schnell

„Natürlich gab es Vorbehalte in meinem Team, als ich ihm erklärte, dass Dawit zu unserer Truppe gehört“, erzählt der 39-jährige Chef. Mit dem kann man sich doch nicht unterhalten, habe es geheißen. Der versteht uns doch nicht, das macht doch nur Probleme. Und wer weiß, was man sich da in die Werkstatt holt, erinnert sich Lorenz.

Die Praxis veränderte das Leben in der Autowerkstatt. Dawit spricht inzwischen sehr gut Deutsch. Was er nicht gleich versteht, schreibt er sich in ein kleines Buch. Zu Hause lese er dann bestimmte Begriffe nach. Der Mann ist wissbegierig. Er fragt, schaut sich viel ab und ist fleißig, heißt es. Wenn der Meister nach Schichtschluss zum Besen greift, eilt Dawit herbei. „Das musst du nicht machen“, sagt er in bestimmtem Ton.

Flüchtling lernt in Autowerkstatt in Weißenfels: Dawit aus Eritrea ist es wichtig, sein eigenes Geld zu verdienen

Für den 24-jährigen Mann aus Eritrea ist dieser Vertrag weit mehr als ein Stück Papier. Es ist eine Urkunde für sein unbändiges Bemühen, in Arbeit zu kommen und seine Familie selbst zu ernähren. „Das ist in meinem Land Tradition, dass der Mann der Ernährer ist. Das bleibt auch für mich hier so, auch fern der Heimat. Ich bin doch nicht für Sozialhilfe nach Deutschland gekommen“, betont er.

Als er vor zwei Jahren nach einer sechsmonatigen entbehrungsreichen Tour von Eritrea nach Deutschland kam, erlebte der junge Mann mit seiner Frau Solidarität. In Weißenfels hatte er das große Glück, in das Projekt Einstiegsqualifizierung++ zu kommen. Die zwei Plus bedeuten plus Deutschunterricht plus theoretische Berufsschulausbildung an der Berufsbildenden Schule Weißenfels. Hier habe er auch gelernt, Bewerbungen zu schreiben.

Einstiegsqualifizierung für Flüchtlinge: Teilnehmer kommen aus Eritrea, Syrien, Malawi und Afghanistan

Der Burgenlandkreis ist nach Halle, Magdeburg und Dessau der erste Landkreis, der das Projekt mit der Agentur für Arbeit umsetzt. Die Teilnehmer kommen aus Eritrea, Syrien, Malawi und Afghanistan. Ziel ist, dass die jungen Männer nach einer Ausbildung hier Arbeit finden. Ausbildung zeuge von Integrationswilligkeit und verschaffe gute Chancen, in Deutschland zu bleiben, sind sich die Projektverantwortlichen sicher.

Eritreer lernt in Autowerkstatt in Weißenfels: Dawit floh aus dem Elend - und will in Deutschland unbedingt arbeiten

Im Ford-Autodienst ist Enrico Stahr der unmittelbare Boss, der Ausbildungsmeister von Dawit Shimendi. Der 39-Jährige ist ein weltoffener Mann. Zwölf Jahre war er bei der Bundeswehr und von da aus in vielen Ländern der Welt. „Das hat meinen Blick auf andere Kulturen enorm verändert“, gesteht er.

Bandenkriege habe er erlebt, Hunger und Elend auch. Insofern könne er die ehemaligen Lebensumstände seines Schützlings Dawit Shimendi verstehen. Elf Jahre sei der in die Schule gegangen. Danach wollte er studieren. Doch immer stärker sei der Druck der Armee gewesen. Dort wollte der junge Mann auf keinen Fall hin. Um das Problem zu lösen, blieb nur, zu fliehen.

„Dawit ist fleißig. Ich habe auch schon deutsche Lehrlinge erlebt, die nur in der Ecke die Zeit absaßen. Wenn einer will, das sehe ich. Und Dawit will unbedingt.“ Er ist einer von vier Azubis im Unternehmen.

Dawit Shimendi bekommt im ersten Lehrjahr 380 Euro. Bliebe er zu Hause, würde das Amt 400 Euro bezahlen. Das Familieneinkommen beläuft sich bei rund 900 Euro. „Das ist wenig, aber es ist unser verdientes Geld“, meint Dawit und nimmt den Schrauber wieder in die Hand. Er will arbeiten. Zeit für lange Gespräche hat er da nicht. Das weiß auch Geschäftsführer Gregor Lorenz. (mz)