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Das Wildschweinübel Das Wildschweinübel: Haarige Abwehrschlacht

Von Andrea Hamann-Richter 04.04.2019, 11:00
Der Sportvereinsvorsitzende Dirk Angermann steht bei einem der Beutel voller Menschenhaare, die die Wildschweine vertreiben sollten.
Der Sportvereinsvorsitzende Dirk Angermann steht bei einem der Beutel voller Menschenhaare, die die Wildschweine vertreiben sollten. Peter Lisker

Teuchern - Es ist gut möglich, dass die Mitglieder des SV Teuchern demnächst viel trinken werden. Das hilft nämlich beim Wasserlassen. Schließlich wollen die Teucherner ihr Revier markieren und unliebsame Gäste von ihrem Sportplatz fernhalten. Denn der weist beeindruckende Kontraste auf. Erste frische Sprieße von saftig grünem Gras wachsen dort. Brutal unterbrochen wird diese beinahe kitschige Idylle aber von tiefen, schwarz in die Erde gefrästen Kuhlen.

Plastikbeutel mit Menschenhaar gegen Wildschweine

Wildscheine treiben seit Wochen ihr Unwesen auf dem Sportplatz. Die Horde kommt nachts, bohrt ihre Schnauzen zwischen die zarten Halme und bricht den Boden auf der Suche nach Würmern auf. Der Vorsitzende des SV Teuchern, Dirk Angermann, steht auf dem Platz und weiß langsam nicht mehr weiter. Die Mitglieder des Sportvereins haben schon einiges versucht, um den Tieren den Appetit auf dem Areal zu verderben. Am Rand einer kleinen Waldgruppe, die den Platz säumt, hängen beispielsweise Plastikbeutel, die mit Menschenhaaren gefüllt sind.

Diese sollen Menschengeruch verströmen und die Tiere abschrecken. Das ungewöhnliche Material haben die Vereinsmitglieder aus umliegenden Friseurgeschäften geholt, erzählt Angermann. Der gewünschte Effekt aber blieb bisher aus.

Haarige Abwehrschlacht

Elektrozäune wurden auch aufgestellt. Diese seien aber gestohlen worden, berichtet Angermann. Außerdem wurden zur Abschreckung noch rot-weiße Flatterbänder gezogen - ebenfalls ohne Erfolg. Selbst der verständigte Teucherner Stadtjäger Michael Gerullis konnte die Wildschweine nicht vertreiben. „Immer, wenn er sich postiert, bleibt die Wildschweingruppe weg“, sagt Angermann.

Der Stadtjäger kann ohnehin nur in eine Richtung schießen, berichtet der Sportvereinsvorsitzende. Denn zwei Seiten des Geländes sind relativ nahe an der Stadt gelegen. Eine dritte Seite grenzt an die Straße. Die Gewehrkugeln fliegen aber sehr weit und das Risiko ist zu groß, dass sie Menschen oder Fahrzeuge treffen. Angermann hat sogar erfahren, dass andere Kommunen überlegen, Jäger mit Pfeil und Bogen auf nervtötende Wildschweine anzusetzen.

Teucherner Sportplatz ideale Bedingungen

Das ist eigentlich seit 1976 verboten. Und in Sachsen-Anhalt bis heute auch nicht erlaubt. Das brandenburgische Stahnsdorf aber hat kürzlich öffentlich über eine Ausnahmeregelung nachgedacht und war damit in die Schlagzeilen geraten. Denn dort werden Wildschweine immer aufdringlicher. Eine Jagd mit dem Gewehr ist in dem dicht bewohnten Ort aber zu gefährlich.

Der Teucherner Stadtjäger Michael Gerullis kann es sich nicht vorstellen, in die Rolle von Winnetou zu schlüpfen. „Ich renne nicht mit Pfeil und Bogen herum“, sagt er. Das Verhalten der Wildschweine hingegen kann er sehr gut nachvollziehen. Am Teucherner Sportplatz würden ideale Bedingungen herrschen, sagt der Fachmann. Trotz der Nähe zur Straße und Stadt sei das Gelände von Wildwuchs umgeben, was es für die Schweine besonders attraktiv mache. Umliegende Schilfflächen seien zudem durch die Trockenheit des vergangenen Jahres nicht mehr so feucht und somit gut zu passieren.

Fußballplatz eher Schlachtfeld als Kickerrasen

Unter dem Rasen des Sportplatzes gebe es viele Würmer. Die Wildschweine seien zwar Allesfresser, aber derzeit bräuchten sie viel Eiweiß, weil sie ihr Fell wechseln und Junge bekommen. Eiweiß gibt Kraft, so Gerullis. Und darüber hinaus würden ihnen Würmer immer besser schmecken als Kastanien und Eicheln.

Doch den Platz aufgeben, kommt für den Verein nicht infrage. Was also tun? Immerhin haben die Wildschweine mittlerweile schon so viel Schaden angerichtet, dass der Spielbetrieb gefährdet ist. Zwar wühlen die Rüsseltiere noch überwiegend am Rande des Platzes. Aber sie werden frecher und arbeiten sich bereits in Richtung Spielfeldmitte voran. Droht der Platz nun das Schicksal des zerwühlten Kleinfeldplatzes zu teilen, der schon einem Schlachtfeld gleicht?

Letzteren wollen die Fußballer beim geplanten Frühjahrsputz am 27. April wieder herrichten. Doch das packt das Übel noch nicht bei der Wurzel. Um die Wildschweine zu vertreiben, denken die Teucherner nun über Eimer voller Urin nach. Woher der kommt? „Der SV Teuchern hat doch genügend Mitglieder“, sagt Michael Gerullis mit einem vergnügten Schmunzeln. (mz)