"Das ist schön hier" "Das ist schön hier": Die eigenen vier Wände im Wohnheim

Weißenfels - Elke Zimmer lässt sich schon mal in ihrem gemütlichen Fernsehsessel nieder. Stolz zeigt die 49-Jährige ihr liebevoll eingerichtetes Zimmer. Hier und da fehlt noch eine Kleinigkeit, doch schon fühlt sie sich wohl in ihrem neuen Zuhause. „Das ist schön hier“, sagt sie.
Bisher hat Elke Zimmer bei ihren Eltern in Pretzsch bei Stößen gewohnt. Nun geht sie einen Schritt hin zu mehr Selbstständigkeit, gehört zu den ersten Bewohnern des neuen Wohnheims für Behinderte der gemeinnützigen Integra Weißenfelser Land GmbH in Weißenfels-West. Seit Sommer 2018 hat die Integra, die in ihren Werkstätten mehr als 400 Menschen mit den verschiedensten Behinderungen betreut, das ehemalige Schulgebäude als Wohnheim umgebaut. Mehr als fünf Millionen Euro hat sie in das Projekt investiert. 43 Wohnheimplätze sind in dem Gebäude, das zwischenzeitlich jahrelang leer stand, entstanden.
Auf vier Etagen werden künftig die Behinderten unterschiedlichen Alters leben
Auf vier Etagen, jede farblich anders gestaltet, werden künftig die Behinderten unterschiedlichen Alters leben. Acht behindertengerecht ausgestattete Doppelzimmer gibt es, der Rest sind Einzelzimmer. „Die ersten 30 Leute ziehen in diesen Tagen ein“, berichtet Integra-Geschäftsführer Ralf Müller. Bisher haben die Behinderten zumeist bei ihren Eltern gewohnt. Jetzt können manche Eltern die Betreuung nicht mehr leisten, oder die Behinderten wollen entsprechend ihren Fähigkeiten selbst mehr auf eigenen Füßen im Leben stehen.
Im neuen Wohnheim finden sie dafür gute Bedingungen. Nach der Arbeit in den Werkstätten der Integra gibt es am Nachmittag Freizeit- und verschiedene Betreuungsangebote. Die Behinderten gehen einkaufen. Es gibt Gemeinschaftsküchen, in denen sie hauswirtschaftliche Fähigkeiten erlernen können. „Wir wollen den Behinderten ein weitgehend eigenständiges Leben ermöglichen“, sagt Ines Frühwirth, bei der Integra verantwortlich für die insgesamt vier stationären Wohneinrichtungen.
Elke Zimmer hat ihre eigenen vier Wände auf der blauen Etage
Elke Zimmer hat ihre eigenen vier Wände auf der blauen Etage gefunden. Obwohl sie sich schon recht wohlfühlt, ist sie dennoch nicht wunschlos glücklich. „Ich will endlich wieder arbeiten“, sagt sie. Vor der Corona-Pandemie hat sie in der Behindertenwerkstatt Produkte der Argenta-Schokoladenmanufaktur eingepackt. Seit Corona ist die Zahl der Mitarbeiter in den Werkstätten stark eingeschränkt.
In den vergangenen drei Monaten durfte nur ein Viertel, ausgewählt nach der potenziellen Gefährdung der Mitarbeiter, in die Werkstätten. Seit Montag ist es immerhin die Hälfte. Elke Zimmer gehört jedoch noch nicht dazu. Dabei geht sie gern in die Werkstatt, vermisst mittlerweile den Kontakt, den Austausch mit den Kollegen.
„An jedem Morgen wird Fieber gemessen und nach eventuellen Krankheitssymptomen geschaut“
Die Corona-Krise geht auch am neuen Wohnheim nicht spurlos vorüber. „An jedem Morgen wird Fieber gemessen und nach eventuellen Krankheitssymptomen geschaut“, sagt Ines Frühwirth. Für Besucher gelten die allgemeinen Regeln: am Tag eine Person bis zu einer Stunde. Häufiges Händewaschen, Abstandsregeln - auch darauf sollten die Mieter im neuen Wohnheim achten.
Was sie nicht davon abhält, in ihrem neuen Domizil erste Kontakte zueinander zu knüpfen. Im Gemeinschaftsraum sitzt Yvonne Kramm mit Ronny Braun und Jens Fischer an einem Tisch. Sie unterhalten sich, spielen ein Gesellschaftsspiel. Die 40-Jährige arbeitet in der Werkstatt in Leißling und ist Frauenbeauftragte der Behindertenwerkstätten. Bisher hat sie bei ihren Eltern in Granschütz gewohnt. Gerade hat sie Urlaub. „Ich freue mich auf mein neues Zuhause“, sagt sie. (mz)