Corona Corona: Geschäfte zu in Weißenfels
Weissenfels - Auf dem Verkaufstresen hat Verkäufer Jan Dienelt schon seit Tagen eine Flasche Desinfektionsmittel stehen. Jedes Gerät, das eine Kunde in dem Mobilfunkgeschäft im Einkaufszentrum Schöne Aussicht in den vergangenen Tagen in die Hand genommen haben, ist von ihm oder seiner Chefin anschließend gereinigt worden.
Trotzdem dürfen aufgrund der Coronakrise ab diesem Mittwoch keine Kunden mehr ins Geschäft. So verlangt es ein Erlass der Landesregierung. Der ordnet an, dass weite Teile des Einzelhandels in Sachsen-Anhalt bis zum 20. April geschlossen bleiben.
Jan Dienelt kann die drastischen Maßnahmen persönlich nicht nachvollziehen. Er spricht von Angstmacherei. Nun wollen seine Chefin und er eine Telefonhotline für die Kunden einrichten und mit einem Zettel am geschlossenen Schaufenster darauf hinweisen. „Damit sie sehen, man kann uns weiter fragen“, sagt Jan Dienelt. Mehr Service ist derzeit nicht drin.
Eiscafé-Betreiber Peter Stephan könnte öffnen, aber unter strengen Auflagen. So dürfe er gleichzeitig nicht mehr als 50 Personen bedienen und der Mindestabstand zwischen Tischen müsste zwei Meter betragen. Das erscheint ihm nicht umsetzbar. Darum will er schließen.
Schon am Dienstagnachmittag steht er im regen Kontakt mit seinem Steuerberater. Wie geht es nun weiter? Er wird wohl eine Steueraussetzung und eventuell auch Kurzarbeitergeld für die zehn Angestellten beantragen. Noch scheint er selbst mehr Fragen als Antworten zu haben.
Auch beim Center-Management steht das Telefon am Dienstag nicht still. Claudia Theilig geht am Nachmittag davon aus, dass die Gastronomie im Einkaufszentrum im Rahmen der Auflagen weiter geöffnet hat. Genau wie Apotheke, Drogerie, Supermarkt und Baumarkt. Die Modegeschäfte aber bleiben vorerst geschlossen. Teile des Centers würden dennoch nicht abgeriegelt. „Damit ist auch gewährleistet, dass es luftig bleibt und es nicht zu große Menschenansammlungen gibt“, so die Center-Managerin.
C und A-Filialleiterin Jenifer Scheffel hat am Dienstagabend aufgrund der Schließung ihres Geschäfts administrativ noch viel zu tun. So muss das Vorgehen mit der Unternehmensführung abgestimmt und Mitarbeiterinnen informiert werden. Alles nicht einfach, angesichts unterschiedlicher Regelungen in den Bundesländern. Für den Erlass hat die junge Frau trotz vieler Fragen privat Verständnis. „Wir sind uns bewusst, dass wir das Problem nur so in den Griff kriegen“, sagt sie. Nun beginnt das große Warten - auf hoffentlich gute Nachrichten aus den Medien oder von der Geschäftsleitung.
Im Weißenfelser Zentrum hatte sich Unternehmerin Kathrin Wenske schon seit Sonntag mit dem Gedanken auseinandergesetzt, dass sie ihr Juweliergeschäft in der Jüdenstraße wegen der Coronakrise wohl bald vorübergehend schließen muss. Nun ist es Realität geworden. „Ich verstehe die Entscheidung, da müssen wir nun durch“, sagt die Geschäftsführerin am Dienstagnachmittag.
Ihre fünf Mitarbeiterinnen werden ab Mittwoch also zu Hause bleiben müssen, im Hintergrund laufe der Betrieb aber weiter. In der Werkstatt will die Goldschmiedin weiter arbeiten. „Die Post muss entgegengenommen und auch die Buchhaltung muss gemacht werden“, sagt Kathrin Wenske. Bis voraussichtlich 20. April soll ihr Laden geschlossen bleiben. „Das müssen wir nun ausstehen. Ich hoffe, alles kommt schnell wieder in normale Bahnen.“
Betroffen von der Maßnahme der Landesregierung ist auch das Intersport-Geschäft von Rudolf Tischer nur wenige Meter weiter. „Wir sind darauf vorbereitet“, sagt der Inhaber. Noch am Dienstag hatte er an einem Online-Meeting der Intersport-Gruppe teilgenommen - wo über die aktuelle Lage diskutiert worden ist. „Wir hoffen, dass schnell wieder alles gut wird“, sagt Tischer.
Ob das Goldschmied-Geschäft von Jens Fischer am Mittwoch öffnen wird, weiß der Inhaber am Dienstagnachmittag noch nicht - Handwerker sollen von der Maßnahme nämlich nicht betroffen sein. „Ich entscheide morgen kurzfristig, was ich mache, vielleicht hänge ich ein Schild mit einer Telefonnummer auf. Aber wenn 90 bis 95 Prozent der Geschäfte geschlossen sind, kommt auch keiner mehr in die Innenstadt“, sagt er.
Für den Goldschmied kommt Corona zum wohl ungünstigsten Zeitpunkt. Denn wer im Sommer beispielsweise heiraten will, bestelle gewöhnlich jetzt seine Trauringe. Eine verschlossene Ladentür wäre deshalb alles andere als gut fürs Geschäft. „Ich kann den Leuten ja auch nicht ihr Eigentum vorenthalten, wenn sie etwa ihren Schmuck abholen wollen, den sie zur Reparatur gebracht haben. Ich hoffe, der Spuk ist bald vorbei“, so Fischer. Immerhin: Lieferungen kommen bei dem Goldschmied noch an und Aufträge können abgearbeitet werden. (mz)