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Burgenlandkreis Burgenlandkreis: Schandfleck wird Hofladen

Von ANKA STOLPER-HEINIKE 09.09.2010, 17:11

TEUCHERN/MZ. - Was macht man mit einer alten Scheune, die nach Meinung eines Gutachters nur noch abgerissen werden kann? Man baut sie wieder auf, richtet sie urgemütlich ein und eröffnet einen Hofladen, in dem man regionale Produkte anbietet und auch mal zünftig feiern kann. Das dachten sich Nicole Köhler und Ehemann Matthias, als sie nach dem Kauf des Grundstücks im März 2009 in der Teucherner Probsteistraße die vernichtende Einschätzung der Bausubstanz aus dem Munde eines Fachmannes hörten.

"Uns tat es vor allem leid um das schöne alte Gebäude. Außerdem brauchten wir Lagerkapazität", erzählt Nicole Köhler und blickt sich in der großen, mit viel Engagement, Kraft, Schweiß und Liebe zum Detail wieder hergerichteten Scheune um. Die 35-jährige Jungunternehmerin ist eine, die die Herausforderung liebt. Als gelernte Kauffrau im Eisenbahn- und Straßenverkehr war ihr ja eigentlich ein anderer beruflicher Weg vorbestimmt. Doch im ersten Babyjahr vor elf Jahren reifte in ihr die Idee, etwas Eigenes auf die Beine zu stellen. Als Bekannte sie baten, ein paar Briefe für sie aufzugeben, entschloss sie sich kurzerhand, ihren Letter- und Directmailing-Shop zu gründen.

Im Auftrag eines ständig wachsenden Kundenstamms verschickte sie für Firmen und Geschäftsleute Briefe, Prospekte und Materialmuster. Im August dieses Jahres beging Nicole Köhler ihr zehnjähriges Geschäftsjubiläum eher leise. Am Sonntag allerdings soll es beim ersten großen Fest in der neuen Weinscheune richtig losgehen. Und die ganze Familie Köhler, auch die beiden Jungs Mark und Nils, will helfen, dass es den Gästen im Hofladen gefällt. Bis aus der abrissreifen Scheune ein Ort zum Feiern und Handeln wurde, war es jedoch ein arbeitsreicher Weg. "Jahrelang haben wir auf den Schandfleck gegenüber von unserem Wohnhaus geblickt. Jetzt wollten wir das Grundstück richtig umkrempeln", erinnert sich Nicole Köhler. Und daran, wie ihre Familie, Freunde und Handwerker aus der Region seitdem gewirbelt haben. Die Idee, aus der Scheune einen uriger Hofladen für Weine zu machen, hatte die Teuchernerin übrigens, weil sie während ihres Studiums in der Pfalz gute Weine und liebevoll hergerichtete Hofläden zu schätzen gelernt hat. "Ich liebe den Wein", verrät die Jungunternehmerin schmunzelnd.

Containerweise habe man Schutt wegtransportieren müssen, erinnert sich die Teucherner Geschäftsfrau. Glücklicherweise seien das alte Fachwerk und der Dachstuhl der Scheune in einem noch recht guten Zustand gewesen. So habe man nur einige Stellen der historischen Holzkonstruktion reparieren beziehungsweise austauschen müssen, erzählt Köhler. Dass Ehemann Matthias Diplomingenieur für Maschinenbau und selbstständiger Vertreter für Spezialbleche ist, erwies sich als Glücksfall bei der Gestaltung des Scheunen-Innenlebens und für die in knalligem Sonnengelb strahlende Umzäunung des Grundstücks.

Nicht nur praktisch, sondern auch ein echter Hingucker sei die vom Schelkauer Schmied Gernot Hempel gebaute Treppe mit Weinreben am Geländer, findet Nicole Köhler. Die Stufen führen übrigens zu einer hoch gelegenen Terrasse im Gebäude, von der aus sich die gesamte Weinscheune mit Tresen und Besucherraum überschauen lässt. Besonders stolz sind Köhlers auf das mitten in der Scheune stehende Sandstein-Gewölbe. "Das haben wir abstrahlen lassen und so erhalten, wie es war", erzählt die Teuchernerin. Im Gewölbe lagert bei konstanten zehn Grad das, was Nicole Köhler ihren Kunden künftig von Donnerstag bis Sonnabend von 15 bis 18 Uhr zum Kaufen und Genießen anbieten wird - rund 60 Weine, vorwiegend aus deutschen Anbaugebieten. Aus Heimatverbundenheit bietet die Inhaberin der Teucherner Weinscheune auch gekelterten Rebensaft aus der Saale-Unstrut-Region an. Und den kann man mit Blick auf viele antike Haushalts- und Arbeitsgeräte auch am Sonntag beim Scheunenfest von 10 bis 18 Uhr mit Schalmeien-Musik, elsässischem Flammkuchen aus dem selbst gebauten Backofen genießen.