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Burgenlandkreis Burgenlandkreis: Pirat mit langer Vorgeschichte

Von Birger Zentner 13.09.2013, 17:30
Kandidat Manfred Dott
Kandidat Manfred Dott Birger Zentner Lizenz

Weißenfels/MZ - Ein Pirat? Die Mitglieder dieser Partei stellt man sich für gewöhnlich jünger vor. Manfred Dott aus Thale, der für die Piraten im hiesigen Wahlkreis 73 (Burgenlandkreis und Teile vom Saalekreis) kandidiert, ist 72 Jahre alt. „Es ist die wirkliche Basisdemokratie, die mich fasziniert“, sagt er. Die Mitgliedschaft bei den Piraten ist für den Senior ein weiteres Teil seines mehr als 40-jährigen Streifzugs durch einen beträchtlichen Teil des deutschen Parteienspektrums.

Alles fing für den Bauingenieur in der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP) an, die von der DDR-Führungspartei SED ausgehalten wurde. Und er muss der DKP einiges bedeutet haben, dass sie ihn 1971 zum Studium der Gesellschaftswissenschaften aus dem Westen in den Osten schickte, in eine Außenstelle der Leipziger Karl-Marx-Universität in Berlin. Für eine frische Liebe - die bis heute hält - verließ er seine Familie im Westen und lernte, wie die DDR funktionierte. Denn die frische Liebe ließ man nicht mit ihm in den Westen ziehen. Also blieb Manfred Dott erst einmal in der DDR, wurde ihr Bürger, was nach seinen Worten den Ausschluss aus der DKP zur Folge hatte.

Mit 19 Ausreiseanträgen bombardierte er anschließend die sozialistischen Behörden. Erfolglos. „Ich habe aufgegeben, als man mir im Tausch gegen das Mundhalten einen Studienplatz anbot.“ Dott machte sich auf, Bauingenieur zu werden. Im späteren Leben ließ diese Entwicklung Raum für Spekulation, dass er sich der Staatssicherheit verpflichtet haben könnte. „Unsinn“, sagt er, er habe sich lediglich einen Maulkorb verpassen lassen.

Das hätten ja auch Überprüfungen bestätigt, sagt er. Bis 1989 hielt er auch still, fragte nicht mehr nach der Ausreise. 1989 trat er dem Neuen Forum bei, wechselte später in die neu gegründete DSU und wurde Parlamentarischer Staatssekretär in der letzten, erstmals frei gewählten DDR-Regierung von Ministerpräsident Lothar de Maizière. Politisch folgte der Wechsel in die CDU. Dienstlich nach der Vereinigung der beiden deutschen Staaten war er in Landesministerien in Magdeburg tätig. Ende der 1990er Jahre wurde er pensioniert und verließ schließlich auch die CDU.

Dass er heute einen weiteren politischen Frühling für sich organisiert, habe etwas mit seiner Erkenntnis zu tun, dass es in der Gesellschaft ungerecht zugehe. Die Piraten setzen sich nach seinen Worten für mehr Gerechtigkeit ein. So plädiert Dott auch für die höhere Besteuerung großer Vermögen. Aber auch für ein Waffenrecht, das mehr Sicherheit bietet. „Aber nicht für die Abschaffung des Schießsports“, macht er deutlich. Mit den modernen Kommunikationsmöglichkeiten steht der 72-Jährige wie man es sich von einem Piraten vorstellt auf Du und Du. Weil’s nicht anders ging, stellte er sich bei der Kandidatenwahl per Videokonferenz vor und den Fragen seiner Parteifreunde.