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Burgenlandkreis Burgenlandkreis: Altes Erdpech breitet sich ungehindert in Nessa aus

Von YVETTE MEINHARDT 05.04.2009, 18:48

OBERNESSA/MZ. - Ein beißender Geruch liegt über dem Industriegebiet Obernessa. Betrieb herrscht an diesem Tag wenig. Zwischen modernem Containerterminal und neuer Asphaltmischanlage liegt ein braches Gelände: Ein Wohnwagen blieb übrig, rundherum liegt Müll, zerschlagene Glasflaschen vor der Behausung, Tetrapacks, gelbe und blaue Säcke. Auf der anderen Seite lagern Produktionsreste: Kiese, Sande, Split . . .

"Das ist eigentlich nur das kleinere Übel", sagt ein Nessaer (der Name ist der MZ bekannt). "Der richtige Skandal befindet sich an einer schwer einsehbaren Stelle. Hier wurden die Überreste aus Brenn- und Mischkammer sowie der Recyclingtrommel entsorgt", erklärt der Fachmann. In einem Regenwasser-Sammelloch liegen jetzt diese Reste. Auf der Fläche davor glitzert schwarzes Bitumen. In der Sonne erwärmt, verliert er seine Festigkeit und wird butterweich. Wie Pech bleibt das schwarze Zeug an den Schuhen kleben.

"Vor einer Woche habe ich Umwelt- und Ordnungsamt alarmiert. Doch es passiert nichts", ärgert sich der Anwohner. Der Mann aus der Baubranche geht davon aus, dass sich in der Reaktion mit Wasser und Wärme Benzole lösen und in das Grundwasser dringen könnten. Um das genauer zu untersuchen, müsste man die chemische Zusammensetzung des Bitumens kennen. Problematisch wären polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK), diese nämlich gelten als krebserzeugend.

"Ich selbst habe mir das Gelände umgehend angesehen. Vor Ort sieht es mehr als liederlich aus. Offensichtlich wurde nicht ordnungsgemäß entsorgt", sagt Dietrich Trebs, Leiter des Amtes für Immissionsschutz und Abfallwirtschaft beim Burgenlandkreis. Einen Teich mit Bitumen habe er nicht gesehen, aber gefährliche Abfälle wie mindestens ein Fass mit Öl. Das gilt als wassergefährdender Stoff und muss ordnungsgemäß entsorgt werden. "Im Rahmen der gebotenen verwaltungsmäßigen Zügigkeit werde ich Anzeige bei der Staatsanwaltschaft stellen", fährt Amtsleiter Trebs fort. Zur Entnahme von Wasser- oder Erdproben sehe er derzeit keine Veranlassung. Außerdem bedarf dies eines Fachlabors.

Die Asphaltmischanlage in Nessa entstand etwa im Jahr 1994 und wurde von der Firmengruppe Gebrüder von Vettern errichtet. 2007 kaufte der Baukonzern Strabag jene Anlage. "Uns ist von den in ihrer Anfrage geschilderten Vorwürfen nichts bekannt", erklärt Birgit Kümmel, die Pressesprecherin der Konzerns in Köln.

Nessas Bürgermeister Dietmar Böhme freut sich unterdessen über die Aufmerksamkeit seiner Bürger. Das Gelände sei Eigentum der Landesentwicklungsgesellschaft mit Sitz in Nessa. "Dass die Firma Strabag die Anlage zurückbaut, ist mir bekannt. Doch ich denke, der Rückbau ist längst noch nicht abgeschlossen", sagt Böhme. Handlungsbedarf für die Gemeinde sieht er nicht, weil ja bereits das Umweltamt aktiv ist. "Wir werden jetzt den Rückbau stärker überwachen und - falls nötig - einen Erdaustausch fordern", so Böhme.