Blitzermarathon Blitzermarathon: Kaum Raser im Burgenlandkreis unterwegs

Weißenfels - Sie fuhren am Donnerstag wahrscheinlich alle wie die Lämmchen - zumindest betraf das die Kraftfahrer in der Käthe-Kollwitz-Straße in Weißenfels. Das Gaspedal wurde anscheinend nur „gestreichelt“. Im Verlauf des Vormittags hatte die Polizei dort noch nicht einen einzigen „Sünder“ erwischt. Zum dritten Mal fand gestern der Blitzermarathon statt, der in einigen Bundesländern auch heute noch über die Bühne geht.
So gesehen wundert es nicht, wenn sich die Zahl derjenigen, die zu schnell fuhren, in Grenzen hält. Bis zum frühen Nachmittag hatten sich seit 6 Uhr 19 Kraftfahrer im Burgenlandkreis nicht an das vorgeschriebene Tempo gehalten. „Schnellster“ war ein Pkw-Fahrer in Lützen, der statt der erlaubten Geschwindigkeit von 50 km/h mit Tempo 87 gemessen wurde. Er muss mit 160 Euro Strafe rechnen, einem Monat Fahrverbot und zwei Punkten in Flensburg. Gemessen wurden im Burgenlandkreis insgesamt 2.230 Fahrzeuge.
Der Blitzermarathon wurde in Deutschland erstmalig in Nordrhein-Westfalen im Jahr 2012 eingeführt und ein Jahr später schließlich bundesweit durchgeführt. (kdk)
Die von der Polizei von Nordrhein-Westfalen initiierte Aktion stößt in der Bevölkerung auf unterschiedliche Resonanz - von Ablehnung bis hin zur Zustimmung. Ilona Großmann (63) und Klaus Dietmann (58), beide kommen aus Weißenfels, finden das Ganze gut. „Aber es sollte nur dort geblitzt werden, wo es Sinn macht, vor Krankenhäusern oder Schulen“, erklärte Klaus Dietmann. Stefanie Griebel (31) aus der Saalestadt ist gegen die Blitzeraktion: Für sie sei es reineweg nur Geldschneiderei. Noch drastischer sieht es eine Kurierfahrerin: „Ich merke das, heute fahren alle vorsichtig.
Raserei ist Hauptunfallursache
Morgen wird wieder gerast.“ Sie werde in ihrer Arbeit bloß behindert, mehr nicht. Einen Sinn könne sie darin nicht erkennen. Kritisch geht damit zudem der SPD-Landtagsabgeordnete Rüdiger Erben um: „Ich sehe die Aktion sehr skeptisch. Der Aufwand einerseits und der verkehrserzieherische Nutzen andererseits stehen in keinem vernünftigen Verhältnis. Im Gegenteil, jeder weiß, dass morgen wieder auf’s Gas getreten wird.“ Gesine Kerwien hält dagegen: „Wenn wir gar nicht kontrollieren, ist damit jemandem geholfen?“, so die Polizeioberkommissarin vom Polizeirevier Burgenlandkreis.
Nach wie vor sei Raserei eine der Hauptunfallursachen. Jeder vierte Unfall mit schweren Folgen sei darauf zurückzuführen. „Rückendeckung“ erhält das Vorgehen der Polizei vom CDU-Landtagsabgeordneten Arnd Czapek: „Es ist schade, dass man heutzutage so etwas noch braucht. Um die Geschwindigkeitsüberschreitungen und die daraus resultierenden Unfälle zu vermeiden, stehe ich aber hinter dem Blitzermarathon“, erklärte er in einem Schreiben. Vor allem an Kindertagesstätten, Schulen und öffentlichen Gebäuden müssen die Bürger sicher die Straßen nutzen können.
Disput in der Bevölkerung
Und so rückte die Polizei mit einem Großaufgebot an, um „Schnellfahrer“ zu blitzen. Es dürften zwischen 25 und 30 Beamte gewesen sein, die unterwegs waren. Die Polizisten waren flächendeckend im Einsatz - von Nebra bis Zeitz (siehe Beitrag „Messstellen“).
Den Disput in der Bevölkerung kennt Fred Rothe zur Genüge. „Wir wurden beispielsweise einmal hilferufend an eine Weißenfelser Schule gerufen, weil dort an der Straße, die viele Kinder frequentieren, angeblich viele Autofahrer rasen würden“, berichtete der Polizeiobermeister. Als sich am Ende herausstellte, dass viele Einheimische, Lehrer und Eltern in ihren Pkw geblitzt worden seien, wurde die Aktion unter „Protest Betroffener“ wieder abgeblasen.
Aber nicht nur das: „Wenn wir Fahrer, die zu schnell waren, bei Kontrollen herausholen und sanktionieren, stellen wir fest, dass die Brutalität und Aggression zugenommen hat“, fügte Polizeiobermeister Ingo Koch hinzu. Man werde als „Wegelagerer“ und mit anderen Kraftausdrücken beschimpft.
