14. November: Stellflächen bei Tönnies 14. November: Stellflächen bei Tönnies: Amtsgezerre um Laster-Parkplätze
WEISSENFELS/MZ. - Die Stadt Weißenfels gegen das Innenministerium. Nicht anders ist zu bewerten, was da läuft. Angekündigt war nach der Kleinen Anfrage des Landtagsabgeordneten Dietmar Weihrich (Bündnis90 / Die Grünen) an das Ministerium eine Verfügung, nach der das Tönniesfleischwerk seinen Lkw-Parkplatz nicht mehr nutzen darf. Stattdessen erreichte die Weißenfelser Stadtverwaltung nur ein Schreiben vom Landesverwaltungsamt, in dem die Rechtsauffassung des Ministeriums dargelegt wird. Nach der sind alle Voraussetzungen gegeben, Tönnies die Nutzung der Flächen zu untersagen. Die Stadt wird aufgefordert, das zu prüfen. Ihr ist bekannt, dass erst der Bau einer Lärmschutzwand die belastenden Immissionen abfängt.
Stadt duldet Nutzung weiter
"Für uns hat sich jetzt nicht viel geändert", sagt Oberbürgermeister Robby Risch (parteilos). Es liege ein nachträglich abgeforderter Bauantrag vor, der aus Sicht der Stadt genehmigungsfähig sei. Über den könne aber nicht entschieden werden, solange die behördlichen Zuständigkeiten nicht abschließend geklärt seien. Bis dahin geht also das Behördengezerre weiter und kann sich auch kein Innenministerium gegen die geduldete Nutzung durchsetzen, weil folgende Genehmigungsentscheidungen vom Ausgang der Berufung abhängen.
"Eine Verfügung der Nutzungsunterlassung überschreitet die Verhältnismäßigkeit", so Rischs Auffassung angesichts der Probleme, vor die das Fleischwerk gestellt wird, wenn es die knapp 100 Stellflächen, auf denen die Transporter auch vorgekühlt werden, nicht mehr nutzen kann. Marcus Eicher, Tönnies-Pressesprecher, hofft auf ein Einsehen bis ins Ministerium und zweifelt daran, dass es rechtmäßig sein könne, die Nutzung der Stellflächen sofort zu untersagen.
"Als die Bimsch-Genehmigung (nach Bundesimmissionsschutzgesetz - d. Red.) für den Ausbau des Schlachthofes kam, waren nach unserer Ansicht die Anlagen mit drin", sagt er. Probleme habe niemand gesehen, weil die Flächen auch zuvor als ehemaliges Bahngelände Verkehrsflächen waren. Gemeinsam mit der Stadt versuche man nun Verfahrensfehler, die nicht allein Tönnies anzulasten seien, zu korrigieren.
Solche Fehler gehören laut Bürgerinitiative (BI) aber zu einem System der Grenzen überschreitenden Schlachthoferweiterung. Deswegen erwartet die BI, dass Behörden dem Vorgehen des Unternehmens Einhalt gebieten. Man müsse Zeichen setzen, dass es auch für Unternehmen schmerzlich wird, wenn sie Gesetze nicht einhalten, so BI-Sprecherin und Mitglied des BUND (Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland) Nicole Reppin. "Seit 2006 werden die Stellflächen illegal genutzt und belasten mit ihrem Lärm die Bürger", spricht sie davon, was die Allgemeinheit bisher hinnehmen musste. "Wozu haben wir die Kontrollbehörden?", fragt sie und scheut sich nicht, ein weiteres Klageverfahren anzustoßen, sollten die nicht durchsetzen, was rechtens ist. "Das Vertrauen in die Politik geht völlig verloren, wenn weiterhin geduldet wird, was als unzulässig erkannt ist", unterstützt sie ihr Mitstreiter Matthias Riedl.
Die BI wehrt sich auch dagegen, dass das Schlachthofgelände durch den Zukauf großer Flächen von der Bahn erweitert wird, weil sie dort weitere Belastungen für das Umfeld erwartet. Und angesichts der Größe des jüngsten Tönniesvorhabens, dem Bau einer Abwasservorklärung, die täglich 4.000 Kubikmeter Abwasser behandeln kann, befürchtet sie, dass Tönnies damit bereits in eine Zukunft investiert, die über die bisher erwartete Schlachtkapazität von 20.000 Schweinen täglich noch hinaus gehen will. Bei 15.000 Tieren liegt laut Tönnies-Sprecher Eicher derzeit die Schlachtkapazität.
Für Bürger sind Grenzen erreicht
Lärm und Gestank, der die Bürger belästigt, setzten dem Unternehmen jetzt schon Grenzen, betonen Reppin und Riedl. Sie kritisieren scharf, dass nie die Gesamtplanungen der Erweiterung des Unternehmens in ihren immissionsrelevanten Auswirkungen betrachtet wird. Stattdessen arbeite sich das Unternehmen scheibchenweise mit Teilgenehmigungen an das heran, was 2004 als eine Art Masterplan schon einmal aufs Papier gebracht wurde, aber den Widerstand der Bevölkerung hervorgerufen hat, die negativ davon betroffen ist.
Die Bevölkerung zu schützen, das erwartet die BI von der Stadt. Erst recht, wenn zu hohe Immissionsbelastungen nachgewiesen sind wie im Fall der Stellplätze. Sich darauf zurückzuziehen, dass die Planungshoheit ungeklärt sei, will sie nicht akzeptieren. Die vierte Änderung des Flächennutzungsplanes will jetzt doch auch die Voraussetzungen für die Planungsziele von Tönnies schaffen, kritisiert Reppin das einseitige Engagement der Stadt.