Wie Joan Mirós Bilder laufen lernten . . .
Nordhausen/MZ. - Sie, die selbst in ihrer Schulzeit malte und mit verschiedenen Materialien experimentierte, fühlte sich inspiriert von dem vermeintlich undurchschaubaren Gewirr aus Linien, Punkten und wie zufällig hingeworfenen Klecksen in Mirós Gemälden. Auch spürt sie die Dynamik in den nicht immer leicht zu entschlüsselnden Darstellungen. "Was steht hinter den Bildern, und was war Mirós Ansatz, seine Bilder so zu malen, wie sie eben sind", gibt Jutta Wörne im Programmheft Auskunft. Das habe sie zu ergründen versucht und zu ausgewählten Bildern für das Ballett ganz eigene Interpretationen gefunden. So eine Arbeit sei wie ein Kind, sagte die Choreografin einmal, es bekäme Arme und Beine und irgendwann werde es laufen.
Am 17. März sollte dieses "Kind" namens "TanzMiró" das Licht der Öffentlichkeit erblicken. An den Vorbereitungen der Uraufführung konnten die Nordhäuser in den Medien regen Anteil nehmen. Begleitend eröffnete das Kunsthaus Meyenburg am 12. März eine Kabinettausstellung, in der die Nordhäuser und ihre Gäste den vielseitigen Künstler kennen lernen können. Die Stadt sei im "Miró"-Fieber verkündeten Pressemitteilungen vorab euphorisch.
Doch hatten sich zur Premiere noch nicht allzu viele Leute angesteckt - leider.
Jutta Wörne hat den immer wiederkehrenden Motiven Mirós Leben eingehaucht: dem schwarzen Punkt, dem Harlekin, dem Hund, der den Mond anbellt, Strichmännchen, Vogel, Sonne und den berühmten roten Strichen. Ein Springteufel aus der Spielzeugkiste ist auch dabei und fängt das begehrte Herz, das alle Figuren so gern hätten.
Um eben das Herz rankt sich die Handlung, in der sich alle Motive vereinen. Auf beeindruckende Weise entsteht so eine getanzte Bildergalerie, ein mobiles, kraftvolles Kunstwerk, zu dem Hermann Bareis das Libretto schrieb und mit sicherer Hand die Musik auswählte (Auric, Honegger, Milhaud, Poulenc, Satie und Tailleferre). Flotte Rhythmen, farbenfrohe Kostüme (Sonja Hesse) und ein mit Verve agierendes Ensemble verbreiten ein Stück Lokalkolorit. Jutta Wörnes Entscheidung, Elemente des klassischen Balletts mit modernem Tanztheater zu verbinden, lässt auch die Liebhaber des Spitzentanzes auf ihre Kosten kommen.
Ein sinnliches, heiteres, den Geist forderndes und beflügelndes Werk hat in Nordhausen das Licht der Welt erblickt, das als überzeugende Ensembleleistung gewürdigt werden soll. Die Choreografin hat (fast) zu ihrem Geburtstag sich und dem Publikum ein Geschenk gemacht, für das ihr Dank und Anerkennung gebührt.
Nächste Vorstellungen sind am 24. März und am 1. April 2006.