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Werbekampagne Werbekampagne: Große Aufregung um ein kleines Plakat

Von Beate LIndner 05.10.2012, 10:59

Sangerhausen/MZ. - Ist der Thron der nächsten Sangerhäuser Rosenprinzessin beschmutzt bevor klar ist, wer dort sitzt? Die Wellen schlagen hoch. Das Plakat der neuen Werbekampagne hat zumindest viele Rosenfreunde in der ganzen Bundesrepublik auf den Plan gerufen. Vor allem das Foto darauf, auf dem der Thron eine Toilette ist. Der Sangerhäuser Oberbürgermeister Ralf Poschmann (CDU) hat gut und gerne 50 Briefe und E-Mails dazu erhalten. Schreiben, in denen teilweise unmissverständlich formuliert sein soll, dass diese Werbekampagne einer künftigen Repräsentantin unwürdig sei.

Man ahnt, was in diesen Briefen steht, wenn man Poschmanns Antwort liest. Die hat er - einheitlich verfasst - an alle, die ihm schrieben, geschickt. Dort heißt es nämlich unter anderem: "Ob die Werbung tatsächlich den 'Guten Geschmack' verletzt, das können Sie mir glauben, ist zumindest umstritten . . . Eins, das bitte ich Sie mir abzunehmen, keiner der Macher, Sponsoren und Entscheider hatte vor, Gefühle zu verletzten oder als frauenfeindlich, obszön, sexistisch oder gar dem Rotlichtmilieu nahe verstanden zu werden. Solche Unterstellungen weise ich nachdrücklich zurück."
Und doch verspricht der OB schon eine Satz weiter, "die nächsten Werbekampagnen auf ihre Wirkung noch tiefgründiger zu hinterfragen". Ganz offenbar steckt das Stadtoberhaupt in der Bredouille. Da ist einerseits der Wunsch, Wege zu finden, um möglichst viele junge Frauen anzusprechen. Andererseits möchte und will er es sich als Chef der Rosenstadt keinesfalls mit den Rosenfreunden verscherzen.
Er muss - als er den Plakatentwurf erstmals zu Gesicht bekam - nicht Feuer und Flamme gewesen sein. Oder wie er sagt: "Ich war ein bisschen erschrocken." Und durfte dann zur Kenntnis nehmen, dass zum einen die Sponsoren dem Entwurf zugestimmt haben und es laut Poschmann bislang "keinen einzigen Sangerhäuser gab, der sich bei mir beschwert hat".

Konsequenzen wurden trotzdem gezogen. Zum einen fehlt das Plakat fast vollständig im öffentlichen Sangerhäuser Raum. Und es ist von der Internetseite der Sangerhäuser Rosenprinzessin verschwunden. Stattdessen sieht man an dieser Stelle jetzt ein Foto, das die Rosenkönigin und die Rosenprinzessin auf einem plüschigen Thron zeigt. Darüber der Schriftzug: "Unser Thron ist schöner". Die Frage ist nur: Schöner als . . .? Dieser Bezug fehlt ohne Werbeplakat gänzlich. Das sieht übrigens auch Gerald Warz so.

Der 57-Jährige ist sozusagen ein Sangerhäuser Werbeträger. Er ist unter anderem Stadtführer und versteht die ganze Aufregung nicht. "Das Plakat ist lustig, dahinter steckt eine gute Idee, da ist nichts schmuddelig." Das wird Doreen Keitel bestimmt freuen. Sie ist einer der beiden Geschäftsführer der Sangerhäuser Werbeagentur Wieprich, die dieses Plakat entwickelt hat. "Wir haben sehr viele unterschiedliche Reaktionen erhalten", erzählt sie. Manche seien nicht mehr angenehm gewesen. Dabei sei der Entwurf nicht in einer Nacht- und Nebelaktion entstanden, viele hätten mitgewirkt, die Sponsoren letztlich zugestimmt. "Wir haben uns gedacht, wir trauen uns mal was", so die Werbefachfrau. Das auf jeden Fall ist gelungen.

Mit großer Außenwirkung. Sogar in Alice Schwarzers "Emma" ist das Plakat gelandet. Auf der Leserbriefseite. Unter dem Titel "Prostituierte Prinzessin". Verfasst haben diesen Brief Beatrice Grölle und Claudine Schmidt aus Nürnberg, die ein Abzug davon an die MZ-Lokalredaktion schickten und schrieben: "Es ist schade, dass sich in meiner alten Heimat die Entwicklung von einer weitestgehenden gleichberechtigten Frau seit der Wende in großen Schritten rückwärts entwickelt statt vorwärts." Für die Gesellschaft Deutscher Rosenfreunde (GRF) ist die Sache offenbar noch nicht zu den Akten gelegt. "Der Vorstand der GRF wird mit den Verantwortlichen der Werbekampagne ein persönliches Gespräch zur Klärung führen."

Nach Ansicht der Rosenfreunde sei man einhellig der Meinung, "dass man ein so würdevolles Amt, wie das einer Rosenprinzessin / Rosenkönigin, nicht auf diese Weise darstellen kann". Übrigens: Eine Bewerbung für das Amt der zweiten Rosenkönigin ist noch nicht eingegangen. Poschmann hält das für einen ganz normalen Vorgang. Es sei immer so gewesen, dass sich die jungen Frauen Zeit lassen. Bewerbungsschluss ist diesmal der 31. Dezember. Die Bewerberinnen werden dann in mehreren Runden vor der Sponsorenjury ihre Tauglichkeit unter Beweis stellen und dann steigt am 1. Mai das Finale in der Rosen-Arena. Dort fällt schließlich die Entscheidung, wer Rosenprinzessin Saskia, die zugleich Rosenkönigin Lydia ablöst, ins Amt folgt. Und dann? Dann grübeln die Werbefachleute über der nächsten Kampagne.