Weihnachtsmarkt in Stolberg Weihnachtsmarkt in Stolberg: Alte Liebe neu entdeckt

Stolberg - Ursprünglich war es wohl eine Notlösung: Auf dem Schlosshof liegt Material dort, wo sonst Glühweinbuden stehen und ein Baukran versperrt die Stellfläche für das Kinderkarussell. Die Sanierung von Schloss Stolberg hat für die Verantwortlichen Vorrang und der Weihnachtsmarkt konnte seinen Stammplatz der letzten Jahre nicht wieder einnehmen. Warum also nicht eine alte Liebe neu erwärmen und das historische Stadtzentrum rund um den Markt wiederbeleben? Dass die baubedingte Ausweichoption ihren ganz eigenen Charme mitbrachte, das musste sogar der Weihnachtsmann zugeben. Seit gut zehn Jahren schnürt er seinen Sack, packt viele leckere Dinge hinein und beschert den Kindern, die am dritten Adventswochenende nach Stolberg kommen, eine kleine Freude. Dass dieser schwere Jutesack dieses Jahr nicht auf den Schlossberg getragen werden musste, kam dem Weihnachtsmann natürlich zugute.
Sehnsucht hält sich in Grenzen
Trotzdem vermisste der Wohltäter im roten Mantel seinen Schlosshof ein bisschen: „Für mich punktet das Schloss trotzdem ein kleines bisschen höher“, ließ er durch den Rauschebart vernehmen. Unter den Besuchern schien sich die Sehnsucht nach der alten Location jedoch begrenzt zu halten: Dafür waren vermutlich auch zu viele vorweihnachtliche Glücksgefühle im Spiel. Damit diese treffsicher aufkommen konnten, hatten sich die Veranstalter offensichtlich ins Zeug gelegt. Das Kopfsteinpflaster reflektierte unzählige Lichter.
Kreativität und Einzelstücke
Die Aussteller, deren Buden sich vor den Fachwerkfassaden vom Markt bis in Ritter- und Niedergasse aufreihten, waren abwechslungsreich und originell zusammengestellt. Keine Spur von Massenware, dafür ganz viel Kreativität und Einzelstücke. Zwischendurch begeisterten menschliche Stolberger Originale mit ungewöhnlichen Ideen. Frank Thieme, der sonst einen Büro-Shop betreibt, heizte seinem Glühwein über offener Feuerstelle ein. Dazu schürte Jonas Hartmann die Lagerfeuerromantik mit Knopfakkordeon und Weihnachtsliedern noch weiter. „Irgendwie privater und wunderbar heimelig“, fand Gerhild Jüttner. Dabei verglich die Quedlinburgerin Stolberg im Weihnachtsmodus mit nichts geringerem als ihrem Heimatort, der gemeinhin als Weihnachtsmarkt-Hochburg bekannt ist.
Kunsthandwerker und Selbermacher
Im ebenfalls über die Landesgrenzen von Sachsen-Anhalt bekannten Rathaus von Stolberg fand dieses Jahr Platz, was sich sonst im Schlossinneren abspielte. Kunsthandwerker und andere Selbermacher stellten die Ergebnisse ihres arbeitsreichen Jahres aus. Interessant sind dabei nicht nur die fertigen Produkte, die ausliegen. Hinter jeder Zinnfigur, jeder Ledertasche und jedem Aquarell steht ein Künstler und Mensch, in Stolberg zum Ansprechen und Anfassen. Wilfried Friedrichs ist nicht nur Aussteller, sondern auch offizieller Stolberg-Fan. „Als ich im letzten Jahr hier erstmals meine selbst gefertigten Krippen zeigte, faszinierten mich die Fachwerkhäuser nachhaltig“, berichtete der 72-Jährige. Das Produkt aus dieser Faszination und 70 Stunden Arbeit hatte der Leverkusener nun dabei: Eine große Krippe im Fachwerkstil! Nur ein paar Meter weiter verkaufte Andrea Siegmann Schmuck und vieles mehr aus Filz. Der Verkaufshit derzeit sei eine Seife im Filzmantel. Durch die Waschbewegung der Hände stellt man das Filzprodukt während des Gebrauchs selbst fertig. „Wenn die Seife aufgebraucht ist, wartet eine Überraschung auf den Besitzer“, erklärte die selbstständige Künstlerin aus Sangerhausen.
Eine etwas andere Überraschung wartete nach dem Weihnachtsmarktbesuch dann auf alle Autofahrer, die die Parkplätze an Bahnhof und Freizeitbad gekonnt ignoriert und sich trotz Verbot eine Parklücke in der Niedergasse gesucht hatten. Unter dem Scheibenwischer klemmte wahrlich kein Wunschzettel, sondern ein ganz unweihnachtliches Knöllchen.

