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Traditionsbrauerei in Wippra Traditionsbrauerei in Wippra: Bier, wie es vor über 100 Jahren üblich war

Von Thomas Schöne 14.01.2016, 06:59
Der Mitarbeiter der Museums- und Traditionsbrauerei Wippra, Thomas Malich, reinigt Bierflaschen für die Abfüllung in der Brauerei.
Der Mitarbeiter der Museums- und Traditionsbrauerei Wippra, Thomas Malich, reinigt Bierflaschen für die Abfüllung in der Brauerei. dpa Lizenz

Wippra - Alles verströmt hier Tradition: das alte Fachwerkhaus oder auch der mittelalterliche Bierkeller mit seinen naturschwarzen Felswänden. Hier in Wippra wird seit Jahrhunderten Bier gebraut, genauer seit 1480 - noch bevor das Reinheitsgebot 1516 eingeführt wurde. Sudkessel und Technik stammen vom Beginn des 20. Jahrhunderts.

Seither wurde immer wieder repariert, aber kaum etwas verändert. Eine komplett erhaltene Transmissionsriemenanlage treibt Rührwerk und Schrotmühle an. „Das ist einmalig in Europa“, sagt Norbert Gehring, der Geschäftsführer der Museums- und Traditionsbrauerei im Harz. „Wir brauen heute das Bier, wie es vor über 100 Jahren üblich war.“ Es gibt Führungen und Bier-Seminare für die rund 10.000 Besucher pro Jahr.

Micro-Brauerei in Wippra

Von der Größe her ist Wippra eine sogenannte Micro-Brauerei. Die sechs Mitarbeiter produzieren jährlich 2,6 Millionen Liter von dem Gerstensaft in zwölf verschiedenen Sorten. „Wir haben schon immer unser typisches Bier mit regionalem Charakter gebraut, lang bevor es Craftbeer gab“, sagt Gehring. Als Craftbeer gilt handwerklich gebrautes Bier mit allerlei durchaus auch exotischen Geschmacksrichtungen.

Der Trend macht auch vor der Wippraer Brauerei nicht halt. Aktuell sind drei Sorten mit dem Label Craftbeer im Angebot. „Das sind Biere die durch den Einsatz unterschiedlicher Hopfen-, Hefe- und Malzsorten spezielle Aromen haben“, erklärt der Experte.

In Sachsen-Anhalt wird, wie überall in Deutschland, zumeist Pils getrunken. Die bekannten ostdeutschen Marken gehören seit der Wende zu großen Bierkonzernen. Gehring sieht sich als einer der wenigen Anbieter des handwerklich gemachten Bieres. Das ist wohl auch dem Umstand zu verdanken, dass die Szene noch relativ neu ist.

„In Sachsen-Anhalt gibt es neben Wippra noch derartige Brauereien in Magdeburg und Wittenberg. Ich nenne sie die „Jungen Wilden““, sagt der Geschäftsführer der „Sozietät Norddeutscher Brauereiverbände“ (Hamburg), Michael Scherer. Das es in der Fläche wenige Produzenten von Craftbeer gibt, hat auch einen anderen Grund: „Diese Art der Biere ist meist nur in den großen Metropolen zu finden.“

Craftbeer als Nischenprodukt

Bislang ist Craftbeer ein Nischenprodukt, was auch am Preis liegt: Hier kann eine Flasche schon mal bis zu 20 Euro kosten. Dennoch - dass die Biere einen besonderen Geschmack haben, hat sich auch bei eingefleischten Pils-Trinkern herumgesprochen. Und so wird schon aus purer Neugierde die eine oder andere Flasche geleert.

So gibt es für Genießer aus Wippra etwa „Gourmet-Bier“ in Bauchflaschen mit einem schlanken Hals. Die Form war im 15. Jahrhundert in der Region gebräuchlich. Neben Harzquellwasser wird der amerikanische Edelhopfen Cascade und Spezialmalze verwendet, mit dem Ergebnis eines blumig-würzigen Aromas. Das Bier reift im Lagerkeller der Brauerei drei bis sechs Monate. Die Dreiviertelliter-Flasche kostet zwölf Euro. „Das ist etwas für besondere Momente“, meint Gehring.

Im April wird das Reinheitsgebot für das Bier 500 Jahre alt. Auch in Wippra soll dann gefeiert werden. Das Reinheitsgebot wurde am 23. April 1516 im bayerischen Ingolstadt von den Herzögen Wilhelm IV. und Ludwig X. erlassen und ist heute das älteste, noch gültige Lebensmittelrecht der Welt. Es schreibt vor, dass zur Bierherstellung nur Wasser, Malz, Hopfen und Hefe verwendet werden dürfen. (dpa)

Der Leiter der Museums- und Traditionsbrauerei Wippra, Norbert Gehring, steht im Bierlager der Brauerei.
Der Leiter der Museums- und Traditionsbrauerei Wippra, Norbert Gehring, steht im Bierlager der Brauerei.
dpa Lizenz