1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Sangerhausen
  6. >
  7. Seniorenheim Villa Aura: Seniorenheim Villa Aura: Beyernaumburg blickt auf 70 Jahre Altenpflege zurück

Seniorenheim Villa Aura Seniorenheim Villa Aura: Beyernaumburg blickt auf 70 Jahre Altenpflege zurück

Von Lucas Wölbing 11.10.2016, 15:00
Im Wohnbereich „Weinberg“ werden Erna Weise (li.) und Gisela Helling (re.) vom Team rund um Petra Lange (2.v.l.) und Liane Schmelzer umsorgt. Rund 60 Pflegekräfte sind in der gesamten „Villa Aura“ im Einsatz.
Im Wohnbereich „Weinberg“ werden Erna Weise (li.) und Gisela Helling (re.) vom Team rund um Petra Lange (2.v.l.) und Liane Schmelzer umsorgt. Rund 60 Pflegekräfte sind in der gesamten „Villa Aura“ im Einsatz. Lucas Wölbing

Beyernaumburg - Und plötzlich war der Himmel über Beyernaumburg rot. Der Dachstuhl brannte lichterloh, das konnte Birgit Näther noch sehen, als sie aus ihrer kleinen Wohnung auf das Schloss blickte - „ihr Schloss“, ihren Arbeitsplatz. Doch in dieser kalten Januarnacht 1981 musste die Altenpflegerin tatenlos zusehen, wie das als Seniorenheim genutzte Gemäuer Feuer fing. „Ich war heilfroh, dass alle Bewohner wegen des Umbaus ausgezogen waren“, sagt sie. An dieses schwarze Kapitel in der Geschichte des Ortes denkt sie heute nur noch ungern zurück. Denn die Flammen läuteten einen Neubeginn ein für das Seniorenheim, in dem der Betrieb unbeirrt weiterging. Dieser Tage blicken die Beyernaumburger sogar auf eine 70-jährige Pflegetradition in ihrem Dorf zurück. Und Näther ist immerhin seit 1976 dabei.

Die Geschichte, die einst im herrschaftlichen Schloss begann, hat sie mittlerweile in die „Villa Aura“ am Fuße der alten Burg verschlagen. Doch der Neubau, der sich beinahe malerisch in die von Wein bewachsenen Hänge anschmiegt, erzählt nur vom jüngsten Kapitel einer langen Tradition.

Als 1946 der letzte Freiherr von Bülow enteignet wurde, machte der Landkreis Sangerhausen seine Residenz zum Seniorenheim - noch ohne Pflegegesetzgebung und ohne dass jemand den Beruf des Altenpflegers überhaupt kannte. Es sollen harte Zeiten gewesen sein in dem alten Gemäuer mit seinen verwinkelten Korridoren und Treppen, erinnert sich Ortsbürgermeister Herbert Kranz. Fließendes Wasser gab es nicht, Wärme spendeten nur einige Kohleöfen.

Etwa 100 Pflegekräfte sind in Beyernaumburg tätig

„Doch das Heim hat dieses schöne Schloss bis zur Wende gerettet“, freut sich Kranz, dessen Schwiegermutter selbst einmal die Leitung innehatte. Wie viele Beyernaumburger ist er mit der langen Pflegetradition verbunden. Das Heim hat Arbeitsplätze geschaffen, Mitarbeiterinnen wie Birgit Näther sind hier seit Jahrzehnten ohne Unterbrechung tätig. „Sechs Heimleiterinnen habe ich erlebt“, sagt sie und ist stolz, auch so kurz vorm Ruhestand noch hier arbeiten zu können: „Ich liebe meinen Beruf und die Menschen. Dafür muss man geboren sein.“ Insgesamt sind derzeit rund 100 Pflegekräfte in Beyernaumburg tätig - 60 in der „Villa Aura“ und 40 in der „Villa Terra“ nebenan. Denn als 1997 der Träger „Projekt 3“ die Heimleitung übernahm, war klar: In der Praxis tut so ein altes Schloss kaum noch seinen Zweck. Ein Neubau musste 2002 her, acht Jahre später folgte die „Villa Terra“ für Suchtkranke und Menschen mit Behinderung.

Bewohner des Seniorenheims Villa Aura sind fest in die Gemeinde integriert

„Wir als Unternehmen haben uns immer recht jung gefühlt“, sagt Geschäftsführer Uwe Berens. „Wir sind ja erst 23. Als mir aber auffiel, wie lange man sich hier schon um ältere Menschen kümmert, war ich sprachlos.“

Er sei froh, in Beyernaumburg zu sein, erzählt er - in dem Dorf, wo noch immer das alte Schloss seinen Schatten auf die „Villa Aura“ wirft. Doch die Namen ihrer Wohnbereiche erinnern noch immer an die frühere Residenz: Die rund 60 Senioren leben nämlich auf dem „Weinberg“ oder in der „alten Gärtnerei“ - wie auch Orte im Umfeld des Schlosses hießen.

Ortsbürgermeister Kranz ist froh, dass das Andenken an die Anlage, die heute im Privatbesitz ist, so am leben gehalten wird. „Es kann sich kaum jemand vorstellen, wie sehr das Heim und seine Bewohner Teil unserer Gemeinde geworden sind“, berichtet er. 1998 seien die meisten Bewohner mit Behinderung nach Obersdorf umgezogen. Nur noch selten besuchen die heutigen Bewohner der „Villa Kunterbunt“ nun Beyernaumburg. „Aber dann ist die Freude groß“, sagt Kranz und fügt weiter hinzu: „Die Leute aus der ‚Villa Aura’ gehören einfach schon immer zu uns.“

(mz)