Sangerhäuser Klinikum Sangerhäuser Klinikum: Weiter Weg zur Vorsorge
Sangerhausen/MZ - Es ist grotesk: Patienten aus dem Altkreis Sangerhausen, die zur Krebsvorsorge eine ambulante Darmspiegelung vornehmen lassen wollen, können das nicht mehr in Sangerhausen erledigen. Statt dessen müssen sie neuerdings nach Eisleben, Hettstedt oder Röblingen am See fahren. Der Zulassungsausschuss der Kassenärztlichen Vereinigung Sachsen-Anhalt hat Dr. Ulrich Steinborn dafür die Genehmigung entzogen, er ist Facharzt für Innere Medizin und Gastroenterologe an der Sangerhäuser Helios-Klinik.
Darmspiegelungen bei Beschwerden
Er kann zwar immer noch ambulant Darmspiegelungen vornehmen. Allerdings nur, wenn ein Patient Beschwerden hat und sein Hausarzt ihn überweist, um dies abzuklären. Eine Überweisung vom Gynäkologen oder Urologen sei also auch nicht mehr direkt möglich, erklärt Dr. Steinborn.
Der Kreisseniorenrat hat bereits eine Beschwerde an den Zulassungsausschuss der Kassenärztlichen Vereinigung gerichtet. Er appelliert, die Entscheidung zu überdenken. Wie der Chef vom Kreis-seniorenrat, Hans-Georg Schmitt, sagt, gebe es die Vorsorgeuntersuchung ja vor allem für ältere Menschen, und „ältere Patienten sind auf eine ortsnahe Betreuung angewiesen.“ Doch aus dem Altkreis Sangerhausen, also vielleicht aus Breitenstein oder Wolfsberg, nach Hettstedt, Eisleben oder Röblingen am See zu fahren, sei angesichts der eingeschränkten Möglichkeiten des öffentlichen Nahverkehrs sehr schwierig - wenn nicht gar unmöglich. Normalerweise erfolge die eigentliche Untersuchung unter Narkose. Man dürfe nicht vergessen, hebt Schmitt hervor, dass viele ältere Menschen kein Auto mit Fahrer zur Verfügung haben, die Strecke weit ist und öffentliche Verkehrsmittel nicht - selbst mit Umsteigen - zur Verfügung stehen. Die Strecke müsse man zweimal bewältigen. „Für wenige, die das schaffen, entstehen neben erheblichen Fahrzeiten hohe Fahrtkosten.“
Schmitt befürchtet deshalb: „Eine Vorsorgeuntersuchung für ältere Menschen des Altkreises Sangerhausen bliebe dann nur noch wenigen vorbehalten.“ Doch es könne „nicht gewollt sein, Vorsorgeuntersuchungen so auf ein Minimalniveau zu bringen. Die Untersuchung soll doch nicht erst erfolgen, wenn der Ernstfall eingetreten und damit eine Klinikeinweisung erforderlich ist“, mahnt der Kreis-seniorenratsvorsitzende.
Polypen werden oft zu Tumoren
Widerspruch gegen die Entscheidung des Zulassungsausschusses hat auch Dr. Steinborn eingelegt, wie er gegenüber der MZ bestätigt. Er hat seit dem Jahr 2002, als er an die Klinik kam, jährlich zwischen 800 und 1 000 Untersuchungen zur Früherkennung ambulant vorgenommen. Etwa ein Drittel aller Patienten, die völlig beschwerdefrei kämen, habe Polypen, die sich im Laufe der Zeit oft zu einem bösartigen Tumor entwickelten.
Die Pressestelle der Kassenärztlichen Vereinigung Sachsen-Anhalt teilte auf Anfrage mit: „Nach Auskunft der Geschäftsstelle des Berufungsausschusses wird über den Widerspruch des Arztes voraussichtlich in der Sitzung am 13. August entschieden.“