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Sangerhäuser City Sangerhäuser City: Wie es Barbara Wittenbecher nach einem Jahr Selbstständigkeit geht

Von Frank Schedwill 19.05.2018, 15:00
Barbara Wittenbecher in ihrem Reich.
Barbara Wittenbecher in ihrem Reich. Schumann

Sangerhausen - 35 Quadratmeter sind ihr Reich. Vor einem Jahr hat sich Barbara Wittenbecher mit einem kleinen Fotogeschäft in der Kylischen Straße 15 in Sangerhausen selbstständig gemacht. Seitdem bietet sie in ihrem eigenen Fotostudio Kameras, Fotozubehör und alle Dienstleistungen rund um Bilder an.

„Ich habe damals nicht lange überlegen müssen, ob ich den Schritt wagen sollte“, sagt die 55-Jährige. „In meinem Alter ist es schwierig, eine neue Anstellung zu finden.“ Sie habe es am Ende aber nicht bereut, seit zwölf Monaten ihr eigener Chef zu sein. 20 Jahre lang hatte die gelernte Fotografin zuvor bei Foto Thun in Sangerhausen gearbeitet, zuletzt als Filialleiterin.

Sprung in die Selbstständigkeit mit einem Fotoladen gewagt

Als sich Thun im vergangenen Jahr zurückzog und seine Einzelhandelsgeschäfte in Sangerhausen und Eisleben schloss, wagte sie den Sprung in die Selbstständigkeit.

Barbara Wittenbecher übernahm nicht den großen Fotoladen an der Ecke Kylische Straße/Rathausgasse. Dort, wo zu Spitzenzeiten bei Thun bis zu sechs Mitarbeiter arbeiteten, war sie zuletzt allein in der Filiale. „Der große Laden mit zwei Etagen trägt sich einfach nicht“, sagt sie. „Die Konkurrenz durch die Einkaufszentren auf der grünen Wiese und das Internet sind einfach zu groß.“

Dazu habe es im Fotobereich in den vergangenen Jahren zu viele Umwälzungen gegeben. Mit dem Umstieg von analoger auf digitale Fotografie seien eine ganze Reihe Geschäftsfelder, vom Filmkauf bis zur Entwicklung der Filme, weggefallen. Auch Alben oder ähnliche Produkte würden viel weniger verkauft als früher.

Kamerageschäft schwächelt - heute wird mit Smartphones fotografiert

Dazu komme, dass das Kamerageschäft seit Jahren schwächele. „Viele fotografieren heutzutage nur noch mit ihren Smartphones“, sagt sie. Und die Produktionszyklen der Fotoapparate seien so kurz, dass sich Händler in einer Kleinstadt wie Sangerhausen kaum teure Kameras in die Regale stellen können.

Erscheine das neue Modell, das nur einen Tick mehr Funktionen habe, bestehe die Gefahr, dass man die alte Kamera nicht mehr los werde und sie schließlich unter dem Einkaufspreis verkaufen müsse.

Wittenbecher betont: „Große Sprünge kann ich mit meinem kleinen Laden nicht machen. Es reicht aber, dass ich und mein Mann Jörg, der mit aushilft, davon leben können.“ Sie setzt auf einen Angebotsmix: „Allein vom Verkauf könnte ich nicht leben und allein vom zugehörigen Fotostudio auch nicht.“ Deshalb bietet die 55-Jährige beispielsweise auch einen Veranstaltungsservice an, fotografiert auf Hochzeiten, Jugendweihen oder anderen Familienfeiern.

Fotografin bedauert großen Leerstand in Sangerhäuser Innenstadt

Wünschen würde sich die Fotografin, dass nicht so viele Geschäfte in der Sangerhäuser Innenstadt leerstehen wie derzeit. „Gerade ältere Menschen bedauern, dass es im Zentrum beispielsweise keinen Lebensmittelladen mehr gibt“, weiß sie aus Gesprächen mit vielen Kunden.

Denn mittlerweile ist Wittenbechers kleiner Laden auch so etwas wie ein sozialer Treffpunkt in der Kylischen Straße geworden. Viele Kunden, wie die 77-jährige Edeltraud Wehe, kommen einfach so vorbei, um zu reden oder bei Barbara Wittenbecher mal einen Kaffee zu trinken. „Das gehört bei uns einfach dazu“, sagt die Fotografin. (mz)