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Sangerhausen Sangerhausen: Paklawa, Piroggen und Trommeln

Von SUSANN SALZMANN 03.10.2010, 18:09

SANGERHAUSEN/MZ. - Etwas skeptisch kostete Merita ein Stück russische Torte: "Ich dachte, es wäre zu süß, aber das schmeckt richtig gut." So wie die 15-Jährige nutzten dutzende Kinder verschiedenster Kulturen im Rahmen der Interkulturellen Woche (IKW) ihre fünf Sinne, um einen Einblick in andere Kulturen zu erhaschen. Sonnabend endete die IKW mit einer Veranstaltung vor und in der Sangerhäuser Jacobikirche.

Der Ideenreichtum der Jugendlichen für die Abschlussveranstaltung "Vielfalt tut gut" war schier unerschöpflich. Worte wie "Frieden" und "mehr Gerechtigkeit" fielen. Der Zusammenhalt der Kulturen und die individuelle Entwicklung würden gefördert, so Merita. "Ohne Vielfalt kommt es im Leben zum Stillstand."

Über Vorträge und Diskussionen konnten sich die Jugendlichen verschiedenster Kulturen annähern. Merita stammt aus dem Kosovo und lebt seit neun Jahren in Deutschland. Zu ihren besten Freundinnen gehört die russische Migrantin Regina, beide lernen an der Sangerhäuser Thomas-Müntzer-Schule. "Sie bringt mir leckere russische Gerichte bei", verriet Merita. Sie wiederum erzählte über muslimische Traditionen, die in ihrer Familie üblich sind, etwa der Fastenmonat Ramadan, wenn von Sonnenauf- bis -untergang nichts gegessen wird, und der Beyram, der letzte Tag dieses Monats. Dann werde eine Menge Essen zubereitet, um sich wieder auf das "süße" Leben einzustimmen.

Ihre und die deutsche Kultur unterschieden sich vor allem darin, dass die Deutschen viel lesen. Was die elfjährige Anastasia aus Weißrussland gut findet, denn die Scholl-Gymnasiastin möchte die deutsche Sprache lernen. Dabei hilft ihr ihre deutsche Mitschülerin Vanessa, der sie wiederum einige russische Wörter beibringt. "Diese Woche haben wir uns noch besser kennen gelernt." Auch Anastasias Familie passt sich der deutschen Kultur an, feiert aber das Weihnachtsfest wie in Russland traditionell im Januar - was für Anastasia und ihre Geschwister also zweimal Bescherung bedeutet.

Der 40-jährige Adama stammt aus dem westafrikanischen Burkina Faso und lebt seit fünf Jahren in Sangerhausen. Er hat sich mit dem Kubaner Francisco angefreundet. "Wir haben viele Gemeinsamkeiten in unseren Kulturen entdeckt, zum Beispiel bei der Musik", sagte Adama, der wie Francisco gern trommelt.

Nachdenklich stimmte Pfarrerin Margot Runge im ökumenischen Gottesdienst, als sie das Fremdsein herausstellte: "Das Fremde steckt in uns selbst drin." Zwar gebe es ein Annähern der Kulturen, aber auch noch viele Hemmschwellen.

"Integration ist keine Einbahnstraße. Vielfalt ist unsere Gegenwart. Aufeinander zuzugehen, wird immer wichtiger", fand Friedrich Mertens aus Hamburg. Während er die Stände und Plakate vor und in der Jacobikirche besichtigte, erinnerte er sich an seine Auslandsreisen nach Russland oder Brasilien, wo er sich stets der dortigen Kultur angepasst habe. "Wir leben in einer globalisierten Welt, deshalb ist auch ein Zusammenleben mit vielen Kulturen gut", so der 82-Jährige.

Undine Knorr-Linde, Gleichstellungsbeauftragte des Landkreises Mansfeld-Südharz, freute sich, dass sogar junge Leute von außerhalb nach Sangerhausen gekommen waren. Zwar hätte man gern mehr Besucher zur Abschlussveranstaltung begrüßt, doch fällt das Fazit insgesamt gut aus. "Wir hatten mehr Besucher als bisher. Es haben sich auch mehr ausländische Familien beteiligt, etwa durch landestypische Speisen und einen Einblick in ihre Kultur", sagte Teresa Saurbier vom Jugendmigrationsdienst der Arbeiterwohlfahrt Sangerhausen, die dieses Jahr die IKW organisiert hat.