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Autoteile statt Fahrräder Sangerhausen: Ifa-Rotorion zieht in neues Mifa-Werk ein

Von Steffen Höhne 06.12.2017, 21:05
Heinrich von Nathusius startete Ende 2016 die Fahrrad-Produktion im neuen Werk. Wenige Tage später stand das Band wieder still.
Heinrich von Nathusius startete Ende 2016 die Fahrrad-Produktion im neuen Werk. Wenige Tage später stand das Band wieder still. Jürgen  Lukaschek

Sangerhausen - Monatelang hat der Unternehmer Heinrich von Nathusius einen Investor für das leerstehende Werk des insolventen Fahrradherstellers Mifa in Sangerhausen (Mansfeld-Südharz) gesucht. Nun ist er in der eigenen Firmengruppe fündig geworden. Der Autozulieferer Ifa-Rotorion wird Mitte 2018 an dem Standort die Bearbeitung von Teilen aufnehmen, teilte das Unternehmen mit.

Ifa-Geschäftsführer Robert Gutsche begründet den Aufbau des neuen Standortes damit, dass die Firmengruppe an der Kapazitätsgrenze arbeitet. „Sangerhausen verfügt über eine exzellente Verkehrsanbindung und wird unsere Produktion in Haldensleben unterstützen und entlasten.“ Doch das spielte bei der Entscheidung wohl nur zum Teil eine Rolle. Unternehmenskenner sprechen vielmehr von „Schadensbegrenzung“.
Neubau kostete 15 Millionen

Das Werk in Sangerhausen gehört bereits der Ifa-Eigentümerfamilie von Nathusius. Firmenpatriarch Heinrich von Nathusius wollte in der erst 2016 errichteten Produktionsstätte den Fahrradbauer Mifa ansiedeln. 15 Millionen Euro hatte der Neubau vor den Toren der Stadt gekostet. Doch die Geschäfte beim erst 2015 erworbenen Fahrrad-Hersteller liefen immer schlechter,

Banken kündigten Kreditlinien. Anfang 2017 musste von Nathusius für Mifa Insolvenz anmelden. Der Unternehmer stand zudem über Nacht mit einer teuren, ungenutzten Halle da. Sowohl der Mifa-Nachfolger Sachsenring als auch andere Unternehmen winkten bei der Anmietung ab. Wie attraktiv oder unattraktiv für Ifa die Anmietung ist, lässt sich von außen nicht beurteilen.

Für Sangerhausen ist die Ansiedelung eine gute Nachricht. Ifa schafft 80 gut bezahlte Industrie-Arbeitsplätze. Das Unternehmen sucht nach eigenen Angaben Bewerber „mit Kenntnissen in den Bereichen spanende Bearbeitung, CNC und CNC Programmierung“. Gleichzeitig wird auch der Stammsitz in Haldensleben (Börde) die Gelenk-Produktion erweitert. Auch dort sollen 50 neue Jobs entstehen. Insgesamt werden an den Standorten 110 Millionen Euro investiert.

So erfolglos die Familie von Nathusius bei der Fahrradfirma Mifa agierte, so erfolgreich ist sie mit dem Autozulieferer Ifa. Das nach der Wende übernommene Unternehmen ist zu einem der weltgrößten Produzenten von Längswellen geworden, die zum Antrieb von Fahrzeugen notwendig sind. Viele Auto-Hersteller werden beliefert. Das Unternehmen mit einem Umsatz von 650 Millionen Euro beschäftigt bisher an den zwei Standorten in Sachsen-Anhalt, - Haldensleben und Irxleben - rund 2 000 Mitarbeiter, weltweit sind es inzwischen 3.000.

Expansion im Ausland

Vor allem die Expansion im Ausland wurde in den vergangenen Jahren vorangetrieben. Neben einem Standort in den USA entstanden Werke in China und Polen. Das 100 Millionen Euro teure Werk im polnischen Ujest wurde erst im Sommer 2017 eröffnet. Ifa wird dort künftig sogenannte Seitenwellen produzieren, wie sie vor allem bei Elektro-Autos eingesetzt werden.

„Für uns ist es der Einstieg in die Elektromobilität“, sagte Firmenchef Gutsche damals. Die Fertigung soll von 2.000 Seitenwellen am Tag auf 12.000 täglich im Jahr 2019 steigen. Für den Standort Polen sprachen niedrigere Löhne und Energiekosten. Gutsche wirft aber auch den Blick nach Mexiko.

Auch dort könnte ein Werk entstehen. Ifa will möglichst nah an den Auto-Konzernen sein, die dort selbst große Fabriken betreiben. Diese Entwicklung zeigt auch, dass der neue Standort Sangerhausen nur ein Baustein in der Expansion ist.  (mz)