Sangerhausen Sangerhausen: Die Kugel Eis für zehn Pfennig
Sangerhausen/MZ. - Das Foto von Hans-Joachim Kuhnt , das wir letzten Freitag veröffentlichten, hat bei einem Leser besonders große Freude ausgelöst. Nämlich bei Joachim Köhler aus Sangerhausen. Er schreibt: "Ich habe mich sehr über diese Aufnahme gefreut, da mir Aufnahmen aus dieser Zeit nicht vorliegen. Das Erkennen fiel mir nicht schwer - an dieser Stelle in Sangerhausen habe ich meine Kinder- und Jugendjahre verlebt. Das dunklere Haus mit dem Schriftzug 'Karl K. . . ' ist mein Elternhaus - das letzte Fenster links über dem Kopf der dunkel gekleideten Frau war 1947 bis 1858 mein Kinderzimmer. Die Aufnahme entstand neben der Gonnabrücke Göpenstraße / Bahnhofstraße mit Blick auf das ehemalige Geschäft meiner Großeltern Karl und Hulda Köhler, Bahnhofstraße 1, später Konsumverkaufsstelle, Brothaus, jetzt Bäckerei Feist / Fleischerei Makrinius. Links - nicht mehr im Bild zu sehen - ist die Roseninsel. Der Fotograf stand bei der Aufnahme wohl auf der Straße zwischen Apotheke und dem Lindenbäcker Fritsche."
Dem Gonnaer Achim Duttke war "sofort klar, dass das Rätselfoto an der Gonna entstanden ist, da deren Ufermauer mit Geländer gut zu sehen ist". Er schreibt weiter: "Während ich noch kurz über den genauen Standort nachdachte, hatte den meine Frau schon erkannt. Und ein Blick ins Adressbuch von 1939 / 40 bestätigte, dass die Häuser an der Göpenbrücke stehen. Der Namenszug über dem Schaufenster heißt nämlich vollständig Karl Köhler und hierbei handelt es sich um sein damaliges Lebensmittelgeschäft im Haus Bahnhofstraße 1, Ecke Mühlendamm. In den 50er Jahren wurde daraus eine Konsum-Verkaufstelle und heute ist es eine Filiale der Bäckerei Feist. Das Nachbarhaus auf der linken Bildseite, mit der Adresse Mühlendamm 2, sieht heute ganz anders aus. Den Balkon über der Haustür gibt es nicht mehr. Aber vor allem die Hauseingangstreppe ist ein Indiz dafür, dass es sich um das selbe Haus handelt. Das nächste Gebäude in dieser Häuserreihe, auf dem Rätselfoto nicht zu sehen, ist das Haus Mühlendamm 3 mit einer interessanten Geschichte. 1818 eröffnete der Wirt des Ratskellers Agthe auf dem Grundstück die Gaststätte 'Schweizerhütte'. Um 1875 wurde das heutige Gebäude erbaut und 1920 befand sich darin eine Näherei der Nordhäuser Firma Bahlmann & Becker. Im vorgenannten Adressbuch ist dann die Wäschefabrik Horn & Co. eingetragen. Zu DDR-Zeiten war es Betriebsstätte des VEB Kindermoden, bis dieser 1973 in der Juri-Gagarin-Straße ein neues Werk eröffnete und heute befindet sich darin die Gesellschaft für Mikroelektronik (GfM). "
Wie Herr Duttke hat auch Horst Kundlatsch aus Sangerhausen zu seiner Lösung gleich noch ein Vergleichsfoto geschickt. Auch Detlef Kuhn hat ein Foto in seine E-Mail gepackt, eine Aufnahme aus der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg, wie er schreibt, und außerdem: "Ich schätze, die Rätselaufnahme wurde vor etwa 80 Jahren aufgenommen. Der Eiswagen ist typisch für die 1930er Jahre. An der Stelle befindet sich heute eine Stele. Vor einigen Jahren befand sich ein Würstchenstand dort. Zu DDR Zeiten auch mal ein Holzkiosk mit einigen Tischen und Stühlen, der von der HO auch als Würstchenstand genutzt wurde." Der Riestedter Horst Ramm hat festgestellt, dass sich die Häuser im Laufe der Jahre verändert haben. Er schreibt: "Den Balkon mit der Tür gibt es nicht mehr, die gesamte Fassade an beiden Häusern erhielt ein anderes Ansehen."
Die Sangerhäuserin Irmhild Gothe verbindet Kindheitserinnerungen mit der Aufnahme. "Unsere Eltern haben uns zu Köhlers einkaufen geschickt. An den Eisverkäufer kann ich mich nicht erinnern, der stand wohl schon viel früher dort, denn als Kinder hätten wir bestimmt dort Eis bekommen und ich könnte mich erinnern", so Frau Gothe. Geschrieben hat diesmal auch Ursula Gützkow. Und zwar: "An der Ecke Bahnhofstraße-Mühlendamm befand sich das Lebensmittelgeschäft 'Karl Köhler'. Eine große Bananenstaude mit leckeren Früchten lockte Kunden. Hin und wieder bekamen Kinder von Herrn Köhler eine Banane davon geschenkt. Den Mühlendamm von der Ecke entlang auf der rechten Seite befand sich die Wäschefabrik (die auch Schürzenfabrik genannt wurde). Viele fleißige Näherinnen arbeiteten dort. Zu dem Gebäude auf der Roseninsel sagten wir Kinder früher 'Spittel'. Sicher abgeleitet von Spital. Es wohnten dort zu dieser Zeit sehr arme Leute."
Die Sangerhäuserin Käte Moritz erinnert sich mit Blick auf den Eiswagen daran, dass es in Sangerhausen einst Eis von Scharfe und von Weidemann gab. "Die Gebrüder Scharfe hatten einen Stand am Kino, der andere in der Rathenaustraße. Weidemann fand man in der Breitscheidstraße. Wir nahmen den weiten Weg von der Westsiedlung in Kauf, um uns ein Eis zu gönnen. Die Kugel gab es für zehn Pfennig." Übrigens verrät Frau Moritz, dass sie noch heute gern Eis isst. Die richtige Lösung hatten auch: Ottomar Hundt , Ronald Unger, Ilse Krüger, Diana Finke, Rainald Klette, Detlef Kuhn, Uta Probst, Nico Oklitz, Christa Brötzmann, Toni Schierbaum, Michael Krüger, Christa Schulze, Wolfgang Steffen, Lutz Reinboth, Gudrun Fricke, Else Balla, Manfred Franke, Ursula Harnisch, Stephan Lorenz, Wilfried Keitz aus Sternberg in Mecklenburg,
Gewonnen hat Angela von Trebra. Für sie liegen 15 Euro in der Lokalredaktion bereit. Das Foto für die neue Raterunde ist nicht so historisch, wie es vielleicht erscheint. Einsendeschluss ist der kommende Mittwoch, 8. Februar.
Ihre Antworten an die MZ-Lokalredaktion, Kylische Straße 56, 06526 Sangerhausen.
Sie können mailen: [email protected]