Sammler aus Roßla Sammler aus Roßla: Der Herr der Kulis

Roßla - Was macht man mit einem Kugelschreiber, der nicht mehr schreibt? Noch mehrere Tage gerät er einem in der Tasche oder auf dem Schreibtisch in die Hände, dann verschwindet er in einer Schublade. So hat es sicher auch bei Klaus Kuhnhold aus Roßla einmal angefangen.
Der ehemalige Hausmeister im Evangelischen Pflegeheim „Marienstift“ in Roßla entdeckte 1998 in seinem Schrank auf diese Art etwa acht Kugelschreiber. „Ich habe mich gewundert, wie viele Kulis sich doch ansammeln können“, sagte er. Wenig später staunte er, als sein Sohn Matthias (Jahrgang 1972), ihm schon über 50 Kugelschreiber zeigte. Sein Interesse wuchs mit der Sammlung des Sohnes. Eines Tages übernahm er dessen 400 Exemplare. So wurde der Grundstock für seine Kugelschreibersammlung gelegt, die kürzlich die Schallmauer von 10 000 Stück erreicht hat. Ganz genau sind es 10 033 Kugelschreiber, die im Moment sorgfältig sortiert in einem Raum von der Decke und an den Wänden hängen. Von jeder Sorte nur ein Exemplar.
Der Kugelschreiber ist ein Gebrauchsgegenstand, den man zum Schreiben verwendet. Er funktioniert mit Tinte, die über eine Kugel aufs Papier übertragen wird. Patente für Kugelschreiber gab es bereits im 19. Jahrhundert.
Die umgangssprachliche Kurzform Kuli bezeichnete ursprünglich den 1928 von Rotring entwickelten Tintenkuli.
Kugelschreiber bestehen aus einem Gehäuse mit Minenführung unterschiedlicher Bauart und einer Mine, die das eigentliche Schreibgerät darstellt. Bei preiswerten Kugelschreibern ist die Mine häufig fest fixiert. Bei Kugelschreibern von besserer Qualität, die zudem auch meist teurer sind, ist die Mine auswechselbar.
Kugelschreibertinte ist wasserfest und häufig auch dokumentenecht. Kugelschreibertinte gibt es in allen Farben. Am verbreitetsten sind blau, schwarz und rot.
Dreieinhalb Stunden verbrachte der geduldige Sammler kürzlich damit, um 250 neue Kulis einzusortieren. Schließlich muss er auf kleine Details achten, die den Unterschied ausmachen. Dabei gibt es Qualitätsunterschiede, die entscheidend dafür sind, ob es ein einfacher Wegwerfartikel ist, oder sich der Besitzer später die Mühe macht und eine passende neue Mine besorgt.
Die meisten Kulis tragen Werbeaufschriften. Klaus Kuhnholds ergiebiges „Jagdgebiet“ war früher bei den Ärzten, die die Visiten im Pflegeheim durchführten. So gibt es Spritzen und Oberschenkelknochen, aber auch die Wirbelsäule als Kugelschreiber. Originell sind die flüssigkeitsgefüllten Kulis aus Polen, in denen Figuren in Badehose und Bikini oder eine Viagra-Tablette schwimmen.
Ganz praktisch sind die Schreiber mit ausziehbarem Zeigestock, integriertem Lippenstift, Nähnadel und Zwirn oder Feuerzeug. Ein Kuli spricht sogar mit seinem Besitzer („Bin ich auf Arbeit oder auf der Flucht?“). Diese gehören dann schon in die Kategorie der Scherzartikel, wie die aus Disneyland Paris mitgebrachten Walt-Disney-Figuren. Eine noch weitere Reise hatten die Pharaonen-Kulis aus Ägypten. Zu den Souvenirs gehören auch zwei Kulis mit dem Bildnis von Papst Johannes Paul II., die ihm aus Rom mitgebracht wurden. Von den Nachfolgern hat er noch keine. Viele Exemplare seiner Sammlung hat er Freunden, Verwandten und Bekannten zu verdanken. „Die wenigsten habe ich mir selber gekauft“, sagt er. „Jeder, der weiß, dass ich Kulis sammle, bringt mir welche mit.“
Natürlich wird auch getauscht. So hofft er die DDR-Kuli-Sammlung zu komplettieren. „Mir fehlt der Berliner Fernsehturm“, sagt er. „Den hatte ich als Kind.“
Eigentlich findet er für jeden Anlass etwas: den knickbaren Wutkuli, die elegante Zigarre oder mit Horoskop-Clip. Wer an das Lotto-Glück glaubt, kann die Lotto-Maschine in Form eines Kulis nehmen. „Bei mir hat keine einzige Zahl gestimmt“, sagt Klaus Kuhnhold schmunzelnd. (mz)