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Post aus Swasiland Post aus Swasiland: Warum Gert Bonk seit 20 Jahren Telefonbücher geschickt bekommt

Von Beate Thomashausen 12.07.2017, 15:00
Gerd Bonk mit den Telefonbüchern aus dem afrikanischen Königreich
Gerd Bonk mit den Telefonbüchern aus dem afrikanischen Königreich Thomashausen

Sangerhausen - Ein dickes, weißes Päckchen hatte Gert Bonk jetzt in der Post. „Man hat mich in Swasiland noch nicht vergessen“, sagt der Sangerhäuser. In jedem Jahr bekommt Bonk nämlich aus dem kleinen afrikanischen Königreich - ein Nachbarland von Mosambik und Südafrika - das aktuelle Telefonbuch zugeschickt. Das 20. ist es mittlerweile. „Ich könnte jetzt auf Anhieb in Swasiland jemanden anrufen“, sagt der 73-Jährige. Tut es natürlich nicht, denn eigentlich kennt er niemanden in Swasiland. Umso merkwürdiger, dass er in schöner Regelmäßigkeit und lückenlos seit zwei Jahrzehnten die aktuellen Telefonbücher erhält.

Gerd Bonk arbeitete zu DDR-Zeiten als Geophysiker in Afrika

Die Geschichte dazu ist eng mit Bonks Berufsleben verknüpft. Der 73-Jährige arbeitete als Geophysiker und war schon zu DDR-Zeiten jahrelang in Mosambik im Einsatz. Dort lernte er auch Menschen aus dem benachbarten Swasiland kennen. Das kleine Königreich interessierte ihn, war aber unerreichbar für den damaligen DDR-Ingenieur. „Wir erhielten ja keine Visa für die Reisen in andere Länder, nur für Mosambik, wo wir arbeiteten“, erinnert sich Bonk.

Nach der Wende besuchte Bonk noch einmal Mosambik. Das war 1996. Vor allem wollte er die Erdgas-Förderstätte sehen, die die DDR, genauer das VEB Kombinat Geophysik Leipzig in Mosambik, im Gebiet Pande erkundet hatte. Die fand er in gutem Zustand vor. Und nun wollte er sich auch noch den Wunsch aus den 80er Jahren erfüllen und Swasiland besuchen.

In der Hauptstadt Mbabane - sie hat nicht einmal 80.000 Einwohner - machte Bonk eine kuriose Entdeckung und zwar in einem Telefonbuch, das ihm zufällig in die Hände geriet. Sechs Jahre nach der Wiedervereinigung hatte man im südlichen Zipfel Afrikas noch nicht registriert, dass es die Deutsche Demokratische Republik nicht mehr gab, denn es wurden noch die Ländervorwahlen für die BRD und die DDR angegeben. Um in die DDR einzuwählen, musste man die 0037 wählen. Und sogar die Preise für die Telefonate in die BRD und die DDR waren unterschiedlich. So war beispielsweise ein Gespräch nach Karl-Marx-Stadt, was es ebenfalls im Telefonbuch von Swasiland noch gab, zwei Mark teurer als ein Telefonat mit einem Teilnehmer in Düsseldorf.

Postamt in Swasiland korrigiert alte Vorwahlen für Deutschland nach Bonks Hinweis

Bonk fand das kurios und teilte dem Postbeamten mit, dass es die Wiedervereinigung gegeben hätte und man die Telefonbücher an die neuen Gegebenheiten anpassen sollte. Bonk vollzog quasi die deutsche Wiedervereinigung in Swasiland ein zweites Mal, zumindest auf dem Telefonsektor. In Swasiland hörte man offenbar auf den deutsche Geophysiker und korrigierte den Eintrag. Seither gibt es die DDR nebst ihrer Vorwahl nicht mehr.

Ob Bonk jetzt die Telefonbücher daheim auf Richtigkeit überprüfen soll? Er weiß es nicht, findet es aber trotzdem in jedem Jahr aufs Neue faszinierend, dass man Tausende Kilometer entfernt wieder an ihn gedacht und ein Telefonbuch auf die Reise geschickt hat. Eins hat er mal der Post in Sangerhausen zur Verfügung gestellt. „Nur für den Fall, dass jemand in Swasiland anrufen möchte“, schmunzelt Bonk schelmisch. Und er erwähnt noch, dass man auch in dem kleinen Königreich offenbar mittlerweile sparen muss. Denn das Telefonbuch kam diesmal mit der preiswerteren Landpost und nicht mehr mit dem Flugzeug. (mz)