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Porträt Porträt: Keine Ruhe im Ruhestand

Von burkhard zemlin 20.02.2013, 18:18
Rosemarie Knape mit einem Band von Spangenbergs Mansfelder Chronik, ohne den sie auch im Ruhestand nicht auskommt.
Rosemarie Knape mit einem Band von Spangenbergs Mansfelder Chronik, ohne den sie auch im Ruhestand nicht auskommt. JÜRGEN LUKASCHEK Lizenz

Wettelrode/Eisleben/MZ - Zur Ruhe gesetzt hat sie sich jedoch nicht. Allein die Recherchen zu ihrem Buch „Straße der Romanik - Eine Kulturreise ins deutsche Mittelalter“ waren überaus aufwendig, weil Fahrten bis nach Havelberg erforderlich waren. „Mein armer Mann, der musste immer mit“, schmunzelt die 70-Jährige, die zumindest in der kalten Jahreszeit jeden Tag vor dem Computer verbringt - wenn sie nicht gerade in Eisleben als Gästeführerin im Einsatz ist, in Osterwieck als Mentorin für eine junge Museologin fungiert oder in ihrer früheren Wirkungsstätte, dem Burgmuseum Allstedt, „ein bisschen“ bei den Fördermittelanträgen hilft. Obwohl sie so etwas gar nicht gelernt hat.

Die Stiftung Luthergedenkstätten wurde 1997 gegründet, wobei es nicht wenige Vorbehalte gab, die seit Jahrhunderten in Obhut der Stadt befindlichen Lutherhäuser abzugeben. Die Stiftung schuf im Bereich von Luthers Geburtshaus das „Lutherensemble“ mit wesentlich erweiterter Ausstellungsfläche und exzellenten Arbeitsmöglichkeiten für Wissenschaftler. Von 2010 bis 2013 erlebte auch das Museum „Luthers Sterbehaus“ eine Erweiterung und Neugestaltung. Beide Häuser gehören zum Weltkulturerbe.  (bz)

Rosemarie Knape hat Germanistik und Geografie studiert und schließlich in Halle noch ein Fernstudium Kunstgeschichte drangehängt. „Man hatte als DDR-Mensch keine Vorstellung von Fördermitteln“, sagt sie. „Von Geld schon, aber nicht von der Verwaltung.“ Aber als sie 1990 aus Allstedt nach Eisleben kam, weil sie in den Lutherstätten eine neue Herausforderung suchte, lernte sie überaus schnell. Sie schaffte es, die ersten Fördermittel für Luthers Geburtshaus zu beschaffen, die seinerzeit für Toiletten bestimmt waren.

Doch schon bald folgte auch Ernüchterung. „Manche Träume sind den Bach runtergegangen“, sagt sie mit Blick auf das Eisleber Stadtschloss Markt 58, das sie gar zu gern für das Museum erworben hätte, oder auf das Alte Vikariat, dessen museale Nutzung 1990 zum Greifen nah schien. „Wir hatten einen Haufen Geld“, erinnert sie sich an die erste Dienstberatung nach der Wende, bei der die Sanierung des prominentesten Fachwerkhauses weit und breit auf der Tagesordnung stand.

Doch dann kam die Entscheidung der Bundesregierung, dass Eigentum vor Nutzung geht. Was nichts anderes bedeutete, als dass auch das Vikariat an die Erben des Alteigentümers rückübertragen werden musste, womit sich das Thema Entschädigung erledigt hatte. „Wir mussten das Vikariat fallenlassen“, bedauert Rosemarie Knape. Und da die Erben des Alteigentümers mit ihrem neuen Besitz nichts anzufangen wussten, blieb die Immobilie sich selbst überlassen, bis eines Tages das Dach einstürzte und die letzten Zeugen einer Zeit unter sich begrub, in der in Eisleben die Fachwerkkunst in ihrer höchsten Blüte stand.

Doch dieses Thema ist abgehakt, auch wenn der Gedanke an den Verlust dieses großartigen Baudenkmals immer noch schmerzt. Weil damit für Rosemarie Knape auch ein Stück Heimat verloren gegangen ist. Obwohl in Erfurt geboren, liegen ihre Wurzeln im Mansfelder Land. Der Vater Paul Schief stammt aus Stedten, er gehört zu den wenigen, denen 1945 in Helfta die Flucht aus dem berüchtigten amerikanischen Haftlager gelang. Später war er Lehrer an der Zweijahresschule in Eisleben, doch die Familie wohnte in Sangerhausen. Und so kam es, dass Rosemarie Knape dort das Abitur ablegte. Zum Studium ging sie dann nach Leipzig, wo sie nach dem Diplom fast zehn Jahre an der Hochschule unterrichtete. Aus persönlichen Gründen, gab sie diese Arbeit auf und zog nach Allstedt.

Und heute? Neben ihrer Arbeit für das Bergbaumuseum Wettelrode bereitet sie in Eisleben eine kleine Ausstellung vor, die an den 100. Jahrestag der Eröffnung des Heimatmuseum erinnern soll. Wird ihr die Arbeit nicht manchmal zuviel? „Naja“, räumt sie ein und spricht von einem gewissen „Spagat“, der immer da ist „zwischen den Kräften, die im Alter ein bisschen nachlassen und dem, was man machen möchte“. Andererseits ist die Freude an der Arbeit auch ein Kraftquell.