Auf der Suche nach was Besserem Mansfeld-Südharz: Viele nutzen Zeit zwischen den Jahren zur Jobsuche
Mehr Besucher als im Vorjahr beim Rückkehrertag in Mansfeld-Südharz. Warum die Leute sich nach einem anderen Job umsehen
Sangerhausen/MZ. - Thomas Jury lässt kurz einen orientierenden Blick durch die Halle schweifen, wirft sich die Jacke über die Schulter und steuert gleich den ersten Stand an. Beim Christlichen Jugenddorf gibt es beruflich sehr viele Möglichkeiten, erfährt er. Einfach eine Initiativbewerbung schreiben, dann könne man ausloten, was zu seiner Ausbildung und Erfahrung passen könnte. Nach dem kurzen, sehr interessierten Gespräch geht es weiter zum Stand der Firma Unterschütz.
Jury ist einer von etlichen Besuchern, die sich beim „Rückkehrertag Mansfeld-Südharz“ in der Sangerhäuser Mammuthalle umsehen. Viele Jahre ist er als Pharmavertreter unterwegs gewesen – zigtausende Kilometer kreuz und quer durchs ganze Land, selten zu Hause, viel im Hotel. Sein Arzt habe ihm geraten, den Job zu wechseln, erzählt der Wahl-Sangerhäuser. „Hier sind viele interessante Sachen dabei“, stellt er fest. Und sieht im Rückkehrertag eine gute Gelegenheit, sich nach einem Job in der Heimat umzusehen. „Man weiß ja gar nicht, was es hier so alles an Unternehmen gibt“, meint Jury.
„Der Vorteil: Hier kommen wirklich Fachkräfte“
Zum Beispiel das Unternehmen Natural Food & Beverage Ingredients aus Eisleben. Die Firma mit ihren rund 50 Mitarbeitern stellt aus Früchten Säfte, Konzentrate und Pürees her, die entweder direkt in den Verkauf gehen oder in der Lebensmittelindustrie weiterverarbeitet werden. „Wir suchen vor allem Anlagenführer“, sagt Eric Kühne. Denn all die Pressen, Abfüllanlagen, Zentrifugen und Separatoren im Werk müssen beschickt und bedient werden. Facharbeiter für Lebensmitteltechnik sind hier gefragt.
Die Firmen Unterschütz und Romonta und die WM Agrar GmbH sind schon zum wiederholten Mal beim Rückkehrertag dabei. „Der Vorteil hier ist: Es sind wirklich Fachkräfte, die an den Stand kommen“, sagt Björn-Burkhard Schimmel. Das landwirtschaftliche Unternehmen hat in den vergangenen Jahren bei dieser Gelegenheit auch schon Mitarbeiter gewinnen können.
8.000 mehr Aus- als Einpendler in MSH bei 1.200 freien Stellen
Der Landkreis hatte den Rückkehrertag 2019 ins Leben gerufen, in diesem Jahr gab es bereits die vierte Auflage. Sinn macht die Veranstaltung nach wie vor. Denn im Schnitt pendeln rund 8.000 Leute mehr zur Arbeit aus Mansfeld-Südharz weg, als zum arbeiten in den Landkreis kommen. „Was für ein Potenzial“, meint Landrat André Schröder (CDU) bei der Eröffnung mit Blick auf rund 1.200 freie Stellen in Mansfeld-Südharz. Dafür will man Einheimische gewinnen, die sich das Geld und die Zeit fürs Pendeln sparen könnten. Zugleich sichert die Besetzung freier Stellen auch den Fortbestand der hiesigen Unternehmen.
Zum Rückkehrertag 2024 kommen am Ende rund 150 Interessenten und damit etwas mehr als im vergangenen Jahr, bilanziert Michaela Heilek, die Pressesprecherin des Landkreises. „Die weitesten Anreisen gab es aus Österreich und der Schweiz“, berichtet sie.
Rückkehrertag in Mansfeld-Südharz: Auch Leute mit Job in der Region wollen sich verändern
Wer mit den Besuchern ins Gespräch kommt, stellt unterdessen fest: Nicht in jedem Fall sind es potenzielle Rückkehrer, die erst aus entfernten Gegenden heimkommen müssen. Ein junger Mann aus einem kleinen Harzort sucht beispielsweise einen neuen Job, weil er aus der Automobilindustrie weg will. Ein anderer, der viele Jahre nach Bayern pendelte und den kräftezehrenden Job als Bauleiter aufgegeben hat, ist wieder in Lengefeld zuhause und sucht jetzt nach einem interessanten Job in der Region.
Ein klassischer Besucher des Rückkehrertages ist unterdessen ein junger Mann von der Nordsee, der aus Klostermansfeld stammt und dessen Familie in der Zeitung vom Rückkehrertag gelesen hatte. Der gelernte Landschaftsgärtner ist zurzeit in der Hausverwaltung tätig – da sollte auch in der alten Heimat was möglich sein.
Auch Handwerksbetriebe suchen dringend Azubis und Mitarbeiter
Und die schwächelnde Konjunktur in Deutschland? Hat man die bei der Organisation der Messe gespürt? „Es gibt einige Unternehmen, die zurzeit eher zurückhaltend sind“, sagt Georg Lohr, Regionalkoordinator beim Landkreis Mansfeld-Südharz. Zugleich gebe es aber Branchen, die ungemindert nach Mitarbeitern suchen. Pflegeberufe und Erzieher gehörten dazu. „Aber auch das Handwerk“, sagt Lohr. Leider seien dessen kleine Betriebe oft nicht in der Lage, die Teilnahme am Rückkehrertag personell abzusichern. Lehrlinge und neue Kollegen würden dort aber auf jeden Fall gesucht.