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Mansfeld-Südharz Mansfeld-Südharz: Schafe beim Frisör

21.03.2012, 18:13

Sittendorf/MZ/SRO. - Ein bisschen aufgeregt waren alle: die Kinder, die Schafe und die Schafscherer. Die große Halle in Sittendorf, in der die Herde Schwarzkopfschafe des Schafzuchtbetriebes Soltau den Winter verbringt, ist heute etwas umgestaltet. Aus hölzernen Hürden wurde ein Pferch gebaut. Zwölf bis 15 Schafe warten hier mehr oder weniger geduldig auf die Schur. Noch sehen sie dick aus mit ihrer Wolle am Körper. Eins nach dem anderen kommt unter das Schermesser.

Drei Schafscherer sind in Aktion. Darunter ist der Schäfer Michael Soltau. Auch für ihn ist es eine ungewohnte Arbeit. Trotz Muskelkater nimmt er sich ein neues Schaf, setzt es auf die Hinterbacken. Es hält sofort still. Mit gleichmäßigen Bewegungen beginnt er zu scheren. Die Wollfladen fallen und werden von den Helfern in die Docken, große Säcke, gepackt.

Achteinhalb Minuten braucht er für ein Schaf. Es ist eine Zeit, von der ein professioneller Schafscherer nicht leben könnte. Die besten deutschen Schafscherer bleiben bei den Meisterschaften unter einer Minute pro Schaf. Aber Michael Soltau und seine Helfer stehen nicht in Akkordarbeit, auch wenn sie schon gern fertig wären. Über 400 Schafe gilt es zu scheren. Nicht ganz die Hälfte der Herde haben sie am vorigen Tag geschafft. Der einzige Routinier im Schaf-scherertrio ist Arno Soltau. Er hatte Michael Soltau und René Barbaruk im vergangenen Jahr angelernt. In diesem Jahr soll es erstmals ohne professionelle Schafscherer gehen, auch aus Kostengründen.

"Ein großes Schaf gibt vier bis fünf Kilogramm Wolle", erfahren die Kinder der Tagesgruppe vom Diakonieverband "Kyffhäuser" GmbH aus Bad Frankenhausen, die interessiert zuschauen. Ihre Erzieherin ist Sabrina Soltau, die 20-jährige Tochter von Susanne Soltau, der Inhaberin des Schafzuchtbe-triebes Soltau. Sabrina Soltau hatte mit den Kindern in den vergangenen Wochen ein Schaf-Projekt durchgeführt. Der Ausflug zu den Schafscherern nach Sittendorf war für sie der abschließende Höhepunkt.

Hier konnten sie auch noch die vielen Fragen rund um die Schafe loswerden, die Susanne Soltau geduldig beantwortete. Was frisst ein Schaf? Wie viele Zähne hat es? Wie groß sind die Lämmer, wenn sie auf die Welt kommen? Auch die Unterschiede zwischen männlichen und weiblichen Schafen werden gezeigt. Dazu holt die Erzieherin Sabrina Soltau selbst ein Lamm aus der Herde. Sie hat, genau wir ihre Geschwister, das Zupacken gelernt. "Wir sind ein Familienbetrieb, da müssen alle mit helfen", sagte Mutter Susanne Soltau. Aber sie freut sich auch, dass Tochter Sabrina ihrem Traumberuf als Erzieherin gefunden hat und den Kindern auf diese Art ganz praktisch die Arbeit des Schäfers vermittelt.

Natürlich wollen die Kinder auch wissen, wie der Schäfer alle Schafe auseinander hält. Dabei wundert es sie, dass nur wenige Tiere einen Namen bekommen. "Manchmal geben unsere Kinder den Tieren einen Namen", sagte Susanne Soltau. "Das ist aber nur der Fall, wenn die Lämmer auffällig sind. Derzeit gibt es eins, das hat Augenränder wie eine Brille. "Das ist der Liebling des Schäfers", verrät sie. Ein weiteres besonderes Lamm ist Schäfchen "Hummel", das den Kindern der Evangelischen Kindertagesstätte Schmidtsche Stiftung in Kelbra gehört. "Es war das erste Lämmchen in diesem Zuchtjahr", sagte Susanne Soltau. "Sechs Jahre wird es bei uns bleiben und soll für Nachwuchs sorgen."

Inzwischen sind noch viele Schafe durch das Scheren wesentlich dünner geworden. Schnell suchen die geschorenen Tiere ihre Artgenossen. Zu frieren brauchen sie trotzdem nicht. Bis Anfang Mai bleiben sie ja noch im Winterquartier. Dann werden sie mit den sechs Hütehunden, die der Schäfer selbst ausbildet, zum Stausee und in die Obstplantagen ausgetrieben. Dort wird die Herde den Sommer über das Gras kurz halten. "Wenn die ersten Lämmer geboren werden, geht es wieder in den Stall", sagte Susanne Soltau.