Landrat Volker Pietsch Landrat Volker Pietsch: «Freiwillig, nicht künstlich zusammenschließen»
Sangerhausen/MZ. - Welche Anforderungen stellt das Land an die Bildung einer neuen Verwaltungsgemeinschaft (VG)?
Volker Pietsch: Zukünftig soll es im Land Sachsen-Anhalt Einheitsgemeinden mit einer Mindesteinwohnerzahl von 10 000 Einwohnern geben. Bei den Mitgliedsgemeinden von Verwaltungsgemeinschaften sind vorerst keine Mindesteinwohnerzahlen vorgegeben. Diese wird es bestimmt nach 2006 geben. Für die Bildung neuer Einheiten soll bis zum Frühjahr 2004 grundsätzlich das Freiwilligkeitsprinzip gelten. Danach wird der Gesetzgeber tätig.
Warum hat der Kreis bei mancher Hochzeitsabsicht Bedenken?
Pietsch: Freiwilligkeit gilt immer nur im Zusammenhang mit den Rahmenbedingungen. Zu berücksichtigen sind regionale Verflechtungen und raumordnerische Beziehungen. Dies bezieht sich auf wirtschaftliche Zentren, Schulen, Infrastruktur, Verkehrswege, Geschichte und Kultur. Bevölkerungsströme richten sich erstrangig in die Zentren wie das Mittelzentrum Sangerhausen und die Grundzentren Allstedt, Roßla und Stolberg / Rottleberode. Freiwilligkeit muss nicht zur Genehmigungsfähigkeit führen.
In Magdeburg haben Sie sich konkret gegen den Zusammenschluss "Kaltenborn" und "Südharz" ausgesprochen.
Pietsch: Das ist kein Geheimnis. Die Neuordnung der Kommunalverwaltungen soll Strukturen hervorbringen, die 20 Jahre und länger Bestand haben. Eine VG mit einer Ausdehnung von Wolfsberg bis Bornstedt hat nicht diese Zentren, Infrastruktur und anderes, die mit der neuen Gesetzgebung erwünscht sind. Dieser Zusammenschluss ist künstlich. Es müssten sich Bevölkerungsströme aus dem Südharz über Sangerhausen nach Riestedt herausbilden. Dies wäre mit Kosten, Zeit und meiner Meinung nach auch Unverständnis von Bürgern für diesen Verwaltungsweg verbunden.
Die kleinen Orte wollen Gleiche unter Gleichen sein. Was halten Sie von der Angst, vereinnahmt zu werden?
Pietsch: Das ist nur eine Meinung. An anderer Stelle wird oft eine andere Wahrheit vertreten. Die kleinen Gemeinden haben zur Zeit nur Bestandsschutz bis 2006. Da auch das Trägermodell im Einzelfall weiterhin Bestand haben wird, wäre von den Gemeinden auch dieses zu prüfen. In einer VG mit einer größeren Gemeinde oder einer Stadt dominiert in der Regel nicht ein Einzelner, wenn der öffentlich-rechtliche Vertrag zur Bildung der Verwaltungsgemeinschaft ordnungsgemäß gestaltet wird. Beispielsweise gehört die Sicherung von Investitionen in den nächsten Jahren dazu. Das wird im Moment gar nicht versucht.
Woher rühren Ihrer Meinung nach diese Ressentiments?
Pietsch: Der Wunsch von den Gemeinden ist auch von einer Skepsis oder einzelnen Befindlichkeiten gegenüber Sangerhausen getragen. Dies sollte kein entscheidendes Kriterium darstellen. Sachlichkeit muss Vorrang haben. Die Angst vor Sangerhausen wird hochgeredet. Das Zentrum ist nun einmal Sangerhausen. Es ist falsch, anzunehmen, dass die kleinen Gemeinden mit diesem Zusammenschluss ihre Existenz langfristig sichern. Das wird verschwiegen. Außerdem würde dieser Zusammenschluss Auswirkungen auf das Grundzentrum Allstedt und alle Orte in der VG Allstedt haben. Einige Orte aus der VG "Südharz" sehen den Zusammenhang komplexer. Sie orientieren sich nach Roßla. Das ist raumordnerisch sinnvoll. Die allgemeinen Kriterien waren auch beim Zusammenschluss der Verwaltungsgemeinschaften "Kyffhäuser" und "Helme" erfüllt.
Welche Vorteile hätte der Zusammenschluss mit einem größeren Partner?
Pietsch: Ich möchte dies am Beispiel Wettelrode verdeutlichen. Mit Sangerhausen können das Schaubergwerk, das Museum und der Kunstteich in Verbindung mit der Rosariums GmbH besser vermarktet werden. Wettelrode hat allein nicht die Kraft und wird sie auch später nicht haben. In Wettelrode kann man gut wohnen, man kann sich dort auch gut erholen. In Sangerhausen kann man arbeiten und alles andere erledigen. Ich kann nur meine Meinung bekräftigen, dass die kleinen Gemeinden gemeinsam mit einer größeren Gemeinde oder einer Stadt mehr erreichen.