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Kleinschmidt hängt seinen Arbeitskittel an den Nagel

Von Manfred Deideck 16.01.2005, 18:09

Sangerhausen/MZ. - Bereits am 15. Februar schließt er im Stadtzentrum seinen Laden in der Kylischen Straße. Im Geschäft und in der Werkstatt in der Kyffhäuser Straße 6 geht am 31. März das Licht aus.

"Dann hänge ich meinen blauen Kittel an den Nagel", sagt ein Mann, der mit seinen 1,93 Meter über 52 Jahre voll im Berufsleben stand, Höhen und Tiefen durchlebte. Jetzt geht er in den Ruhestand. Zu diesem Schritt zwingen ihn aber auch gesundheitliche Probleme. Sein linkes Knie macht nicht mehr so richtig mit. Sportlich gesehen hat der Sangerhäuser bis zum 54. Lebensjahr aktiv Fußball in seinem Verein in Riestedt gespielt. "Nun sind die Bänder hin", fasst er die Diagnose des Arztes zusammen.

Auch nach der aktiven Zeit blieb er aber dem Fußball als Sponsor eng verbunden. Aber nicht nur beim Sport wird man künftig seine finanzielle Unterstützung vermissen. Er hatte auch immer ein offenes Ohr für die Belange anderer Vereine in der Region gehabt.

"Mit meiner Geschäftsaufgabe unterstütze ich die verkehrsfreie Zone in der Innenstadt", nimmt Gerhard Kleinschmidt ironisch die umstrittene Verkehrsführung aufs Korn. "Die jetzige Zellenlösung bescherte mir einen Umsatzverlust von 20 bis 25 Prozent", zieht der Händler und Handwerker Bilanz. So habe er oft erleben müssen, dass Kunden keine zusätzliche Stadtrunde drehen wollten, um von der Kyffhäuser Straße (wo er Kühlschränke, Waschmaschinen usw. verkauft) in die Kylische Straße zu gelangen, um bei Elektro-Kleinschmidt ein Küchengerät kaufen zu können.

"Durch den Umsatzverlust stand die Schließung des Geschäftes bereits fest, auch dann, wenn ich weiter gemacht hätte", sagt der Vater von zwei Kindern. Letztere haben sich beruflich anderweitig orientiert, dennoch ist der Vater auf beide sehr stolz.

"Mir tut es besonders um die Angestellten leid", bedauert Gerhard Kleinschmidt. Er muss vier Leute und eine Stundenkraft entlassen. Eine besonders große Stütze war ihm Matthias Hempel (31). "Ohne diesen fähigen Mann hätte ich schon früher aufgehört. Er ist tüchtig, hat auch die Buchhaltung geführt", lobt der Firmenchef. Aber auch Ehefrau Karin war ihm immer eine wichtige Stütze und verständnisvoll.

Gerhard Kleinschmidt, der Elektriker und Feinmechaniker gelernt hat, war bereits vor der Wende im Haushaltsgeräte-Service tätig. Ab 1990 machte er privat weiter. Er erinnert sich auch an die Zeiten, als die Haushaltsgeräte gleich vom Lkw aus verkauft worden sind. "Dieser Boom hielt bis 1996 an", blickt er zurück. Den Weg in die Selbständigkeit bereut er nicht.

"Aus marktwirtschaftlichen Gründen und mit den Erfahrungen der letzten 15 Jahre würde ich die Sache heute anders angehen. Um in der Ellenbogengesellschaft bestehen zu können, sind härtere Bandagen gefragt und weniger Gutgläubigkeit." Das sagt ein gestandener 67er, dem Ehrlichkeit und Offenheit im Umgang mit seinen Kunden immer wichtig waren.