Friseuse geht in Rente Kein Restaurant und kein Supermarkt - Nun verschwindet in Lengefeld auch der Friseur-Salon
Ramona Böhme schließt nach mehr als drei Jahrzehnten ihren Friseursalon. Warum es ihr die Lengefelder Einwohner besonders angetan haben.
Lengefeld/MZ. - Eine Gaststätte im eigentlichen Sinn ist in Lengefeld schon lange nicht mehr zu finden. Eine Einkaufsmöglichkeit sucht man im 600-Seelenort bei Sangerhausen seit einigen Jahren vergeblich. Künftig müssen die Lengefelder auch auf ihre Friseuse verzichten.
Friseuse machte sich kurz nach der Wende mit eigenem Salon selbstständig
Ramona Böhme legt Bürste, Kamm, Föhn und all die anderen Utensilien zur Seite. Die Erfolgsgeschichte des Friseursalons in Lengefeld ist geschrieben, nach mehr als 34 Jahren ist Schluss.
Begonnen hat alles im Jahr 1990. „Ich habe mit der D-Mark angefangen“, sagt die mittlerweile 63-Jährige beim Rückblick auf ihren Tag der Selbstständigkeit vor mehr als 34 Jahren. Die gelernte Friseuse eröffnete im neu gebauten Haus ihren Salon und erfüllte sich damit einen Traum.
Es dauerte nicht lange, bis die Kunden nur so in den Salon in der Feldstraße strömten. Dabei waren es nicht nur die Einwohnerinnen und Einwohner des Ortes, die sich dem Geschick der Friseuse anvertrauten.
Auch aus den Nachbargemeinden, dem Leine- und dem Gonnatal sowie aus Sangerhausen, machten sich Frauen und Männer auf den Weg nach Lengefeld.
Vor den Festen in Lengefeld muss die Frisur sitzen
Vor allem aber waren es aber die Lengefelderinnen und Lengefelder, die sich von Ramona Böhme einen neuen Schnitt „verpassen“ ließen. „Ich glaube, Dreiviertel aller Einwohner waren hier“, sagt die nun in den Ruhestand wechselnde Friseurmeisterin.
Dann fügt sie hinzu: „Viele von denen, die als Kinder in meinen Salon gekommen sind, hatte ich auch als Erwachsene dann als Kunden. Die kamen dann auch mit ihren Kindern.“
Waren alle glücklich und zufrieden? Wieder lacht Ramona Böhme. Dann antwortet sie: „Natürlich gab es auch welche, bei denen die Chemie einfach nicht gestimmt hat. Die sind dann nicht wiedergekommen.“
Alle anderen aber kümmerten sich um einen neuen Termin. Ramona Böhme wusste stets, wann ein großes Familienfest im Dorf anstand. Dann herrschte noch mehr Andrang als sonst. Das galt natürlich vor Feiertagen und der jährlichen Kirmes im Ort besonders.
Böhme: „Ich war nicht nur Friseuse, ich war auch Psychologin“
Dabei waren es nicht nur die handwerklichen Fähigkeiten der Chefin, die die Kunden anlockten. Auch das ganze Drumherum passte und erfüllte manches Klischee vom Friseurbesuch. „Ich war nicht nur Friseuse, ich war auch Psychologin“, sagt Ramona Böhme angesichts vieler persönlicher Schicksale und Geschichten, die auf den Sesseln in ihrem Salon erzählt wurden.
„Da waren einige Probleme dabei. Aber all das, was da erzählt wurde, ist im Salon geblieben. Wenn du da was weitertratscht, kommt doch niemand mehr. Vertrauen muss da sein“, sagt sie.
Dann lässt die 63-Jährige, sie ist verheiratet mit ihrem Udo und Mutter eines Sohnes, den der Beruf erst nach Singapur und schließlich nach Frankreich verschlagen hat, ein dickes Lob für „ihre“ Lengefelderinnen und Lengefelder folgen: „Ich habe es nie bereut, hier den Salon eröffnet zu haben. Ich habe mich in Lengefeld immer vollkommen wohlgefühlt. Die Lengefelder sind ein nettes Völkchen.“
Mehr Zeit für die Familie
Nun aber ist endgültig Feierabend, der Schritt in den Ruhestand perfekt „Ich glaube, nach 34 Jahren und sechs Monaten ist für mich der geeignete Zeitpunkt gekommen, um aufzuhören“, sagt sie.
Jetzt sei der Zeitpunkt gekommen, sich noch mehr um die Familie zu kümmern. Die Schere kommt nur dann noch ans Tageslicht, wenn sie ihrem Mann, so wie in den letzten 50 Jahren immer, die Haare schneidet.
So ganz klammheimlich ging der Abschied dann aber doch nicht über die Bühne. Viele treue Kunden überraschten sie mit einem kleinen Geschenk. Auch das sorgte für viel Rührung. „Ich kann mich einfach nur bei allen für ihre langjährige Treue bedanken.“