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Im Blaumann, Trikot und Co. Im Blaumann, Trikot und Co.: So sehen moderne Bestattungen im Landkreis aus

Von Grit Pommer 11.11.2016, 17:00
Ob Brautkleid, Mannschaftsdress oder der geliebte Blaumann statt des Totenhemdes -  die Bestatter in der Region erfüllen auch außergewöhnliche Wünsche der Hinterbliebenen.
Ob Brautkleid, Mannschaftsdress oder der geliebte Blaumann statt des Totenhemdes -  die Bestatter in der Region erfüllen auch außergewöhnliche Wünsche der Hinterbliebenen. Schumann

Sangerhausen - Das letzte Hemd hat keine Taschen, sagt der Volksmund. Das mag früher so gewesen sein. Inzwischen aber sind auch die Wünsche für den letzten Weg, nun ja, so bunt wie das Leben. Und Bestatter machen heutzutage vieles möglich, woran man früher nicht zu denken gewagt hätte. Dabei sind es vor allem die Städter, die gern mal vom traditionellen Muster abweichen und der Beerdigung eine sehr persönliche Note geben wollen.

Friedhofshalle in Vereinsfarben oder mit Golf-Utensilien dekoriert

Das Bestattungshaus Richter in Sangerhausen hat zum Beispiel für eine Trauerfeier die Friedhofshalle mit Golf-Utensilien dekoriert. Der Verstorbene hatte sich zu Lebzeiten für den grünen Sport begeistert, erzählt Sibylle Richter. Und für einen Fußballfan wird selbstverständlich in den Vereinsfarben geschmückt.

Bei der Kleidung der Verstorbenen geht man auch auf ausgefallene Wünsche ein. Ein begnadeter Heimwerker zum Beispiel lag in seiner Arbeits-Latzhose im Sarg. „Die Angehörigen haben gesagt: Die hat er zu Lebzeiten so geliebt, die muss er auch am Ende tragen“, erzählt Sibylle Richter.

Ein- bis zweimal im Jahr organisiert sie auch Seebestattungen. Dabei arbeiten die Bestatter vor Ort mit Unternehmen an den Küsten zusammen. Ostsee, Nordsee, Mittelmeer oder Atlantik - alles ist möglich und nur eine Frage des Preises. Auch den Wunsch, die Asche eines Verstorbenen zum Diamanten pressen zu lassen, hat das Bestattungshaus Richter schon erfüllt. Die allermeisten Kunden bleiben aber bei der klassischen Erd- oder Feuerbestattung, wobei mehr als 90 Prozent der Toten eingeäschert werden. Ein Trend, den Ilona Becker vom gleichnamigen Bestattungshaus in Sangerhausen nur bestätigen kann. Ansonsten ist auch sie sehr offen für ausgefallene Wünsche auf dem Weg zur letzten Ruhe. „Nach 37 Jahren in dieser Branche ist für mich nichts mehr außergewöhnlich“, sagt sie.

Persönliche Dinge werden sehr häufig mit in den Sarg gelegt. Briefe und Familienfotos natürlich, aber auch mal das geliebte Pfeifchen und ein Päckchen Tabak.

Auch Ilona Becker besteht nicht auf dem klassischen Totenhemd. „Was die Angehörigen uns bringen, das ziehen wir den Verstorbenen an“, sagt sie. Mannschaftstrikot, Motorradkluft oder Brautkleid -- alles schon dagewesen. Noch gut erinnern kann sie sich an die Trauerfeier für ein Paar, das bei einem Unfall ums Leben gekommen war. „Ein Künstler aus dem Freundeskreis hat aus Keramik eine ganz besondere, eng verschlungene Doppel-Urne geformt. In der wurde dann jeder für sich, aber doch beide gemeinsam bestattet“, erzählt Ilona Becker.

Auch ein Hund durfte schon bei einer Trauerfeier dabei sein, mit Flor am Halsband. „So ein Tier ist ja oft ein richtiges Familienmitglied“, weiß die Unternehmerin. Sie findet es gut, dass Bestattung inzwischen nicht mehr das Tabuthema ist, das es mal war. Etliche Leute machten sich schon zu Lebzeiten recht ausführlich Gedanken darüber, wie ihr Abschied aussehen soll.

Bestattungen auf dem Land weniger ausgefallen

Auf dem Land indes werden bisher offenbar kaum ausgefallene Wünsche ausgesprochen. „Mit so was ist bisher noch niemand an uns rangetreten“, sagt Steffi Bendlin vom gleichnamigen Bestattungshaus im Allstedter Ortsteil Holdenstedt. Allerdings fragen auch bei ihr immer öfter Leute nach der Bestattung im Friedwald, zu Füßen eines alten Baumes. Vier- bis fünfmal hat sie das inzwischen schon organisiert.

Was alle Bestatter eint ist die Geldfrage. Seit 2004 zahlen die Krankenkassen kein Sterbegeld mehr. Seitdem ist es für Menschen mit schmalem Einkommen noch schwerer geworden, die meist vierstellige Summe aufzubringen, die eine Bestattung selbst dann noch kostet, wenn man auf alle Extras verzichtet. Wer das Geld nicht aufbringen kann, stottert die Summe in Raten ab. Notfalls auch zehn Euro im Monat, sagt Sibylle Richter. (mz)