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Hohe Linde in Sangerhausen Hohe Linde in Sangerhausen: Bergmönch Andreas Sonntag stellt sich gegen Bergrecht

Von Lucas Wölbing 01.11.2016, 07:00
Mahmoud Kelani, Diana Wozny und Andreas Sonntag (v.l.) pflanzen ihre Winterlinde. Egal, ob es erlaubt ist oder nicht.
Mahmoud Kelani, Diana Wozny und Andreas Sonntag (v.l.) pflanzen ihre Winterlinde. Egal, ob es erlaubt ist oder nicht. Schumann

Sangerhausen - Hinterm Schild beginnt das verbotene Land: Betreten strengstens verboten, deutsches Bergrecht lässt keine Ausnahmen zu. Und doch wagt ein Grillenberger den offenen Verstoß an der Halde Hohe Linde.

Er weiß, was er nicht darf und tut es trotzdem: Andreas Sonntag will das Sangerhäuser Wahrzeichen zur grünen Oase machen. Klein fängt er an, doch die erste Linde im Niemandsland ist längst gepflanzt - immerhin noch in Sichtweite des knallroten Verbotsschildes.

Ein Baum auf der Hohen Linde. Für Sonntag gehört das einfach dazu, auch wenn das der Haldenbesitzer anders sieht. Aus dem fernen Senftenberg lässt die Lausitzer und Mitteldeutsche Bergbau-Verwaltungsgesellschaft (LMBV) mitteilen: Streng genommen sei selbst die kleinste Linde eine bergbaufremde Anlage. Und deren „Anbringung“ verletze in jedem Fall das Bergrecht.

Bergmönch Andreas Sonntag hat keine Angst vor dem Gesetz

Andreas Sonntag stören solche Begründungen nur wenig. Seine Baumpflanzung bringt er trotzdem zu Ende und zeigt der deutschen Bürokratie damit die lange Nase.

Wie bei Andreas Sonntag begann es auch bei der Standortmarketinggesellschaft (SMG). Diese wollte einen Sangerhausen-Schriftzug wie in Hollywood auf die Halde platzieren.

Aus der Schnapsidee wurden ziemlich konkrete Pläne. Doch auch die scheiterten am deutschen Bergrecht.

Den Sommer über wurde in den sozialen Netzwerken darüber diskutiert. Doch Buchstaben aus Metall gelten genau wie Bäume als „Bergbaufremde Anlagen.“

Außerdem wäre ein Schriftzug praktisch unmöglich gewesen. Das hatten Statiker und Mathematiker errechnet. Zum Landesfest war die Halde beleuchtet.

„Die Natur fragt auch nicht nach Regeln und Gesetzen“, stellt er fest und zeigt auf die vielen Sträucher, die längst die Hohe Linde bedecken; auch Birken und Linden. „Die haben der Halde auch nicht geschadet“, findet er.

Dennoch hat er seinen ursprünglichen Wunsch von der Linde auf der 145 Meter hohen Spitze verworfen. „Weil klettern nun einmal verboten ist“, spottet er. Stattdessen steht seine Linde jetzt im Windschatten der schon gewachsenen Bäume am Fuß des Haldenkörpers.

Nach und nach wollen sich Sonntag und einige Freunde dennoch nach oben arbeiten: „Bei jeder Gelegenheit soll ein neuer Baum hinzu kommen, bis wir eine Allee haben“, erklärt er. „Spätestens zur Haldenbesteigung, wenn das Hochgehen offiziell erlaubt ist, pflanzen wir weiter.“

Halde Hohe Linde regelmäßig Anlaufpunkt für illegale Kletterer

Vor möglichen Konsequenzen fürchtet er sich nicht. Schließlich sei - und das zeigt sich auch während Sonntag die Linde pflanzt - die Halde regelmäßig Anlaufpunkt für illegale Kletterer und Mopedfahrer.

„Passiert ist doch keinem von denen etwas.“ Und außerdem müsse wohl eine strafrechtliche Ermittlung wegen der Pflanzung erst beantragt werden.

Von sich selbst sagt Sonntag, dass er ein Zeichen setzten will: Er will eine Nutzung der Halde und vernünftige Regelungen zur öffentlichen Besteigung anstatt strenger Verbote.

Von Seiten der LMBV muss hier wieder auf das Bergrecht verwiesen werden: Komplizierte Versicherungs- und Verwaltungsakte sprechen gegen die Sangerhäuser Halde als offene Touristenattraktion. „Die Gesetze müssten erst neu definiert werden“, teilte ein LMBV-Sprecher mit.

Andreas Sonntag, der sich selbst als Botschafter des Mansfelder Bergbaus sieht, kann diese starren Vorschriften nicht verstehen. „Als Bergmönch will ich sie bewusst brechen, um Kreativität zu beweisen“, sagt er. „Denn in der Praxis tut das doch niemandem weh.“ (mz)