Gesundheitsreform Gesundheitsreform: Neue Regelungen lösen bei chronisch Kranken Frust aus
Wettelrode/MZ. - Die 48-Jährige, der das Sprechen nach einem Schlaganfall schwer fällt, lässt ihren Gefühlen an diesem Montagabend freien Lauf. Auf dem Forum in den Räumen der Physiotherapie von Angelika Michael schildert nicht nur Sigrid Buhl ihr Schicksal. Kranke, deren Angehörige und weitere Physiotherapeuten sind zu der Gesprächsrunde nach Wettelrode gekommen. Gastgeberin Angelika Michael macht den rund 20 Anwesenden klar, welche Auswirkungen die neue Verordnung haben könnte.
"Die Kürzungen sind zum Teil lebensbedrohlich", findet die Hausherrin drastische Worte. Aber auch die Arbeit der Therapeuten werde durch die neuen Regeln regelrecht torpediert. So müsse nach sechs professionellen Behandlungen eine Pause von drei Monaten eingelegt werden. "Was meinen Sie, was da passiert. Alles, was wir mühsam aufgebaut haben, ist dann für die Katz."
Ramona Hempel mag darüber nicht nachdenken. Die Mutter von behinderten Zwillingen kann sich auch nicht vorstellen, während dieser "Pausen" ihre Kinder selbst zu therapieren. "Dafür sind wir doch gar nicht ausgebildet", sagt die junge Frau aus Meuserlengefeld mit dem Hinweis, dass ein Kind unter Skoliose, einer Verkrümmung der Wirbelsäule, leidet. Mit dieser Meinung ist sie an diesem Abend nicht alleine. "Erst hat man mir das Kind zum Krüppel geimpft und jetzt lässt man uns im Stich", zeigt sich die Mutter eines an Spasmus (Verkrampfungen) erkrankten Kindes ebenfalls wütend.
Angelika Michael ruft indes die Anwesenden auf, weiter für eine Protestnote zu sammeln. Schon jetzt haben über 500 Einwohner aus der Region mit ihrer Unterschrift ihr Unverständnis dokumentiert. Die Listen sollen spätestens am Sonntag an das Bundesgesundheitsministerium gehen. Auch die Teilnahme an einer Demonstration anlässlich des Besuchs von Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) am Donnerstag kommender Woche schließen die Gesprächsteilnehmer nicht aus.
Sigrid Buhl kann sich jedenfalls damit anfreunden. "Ich möchte schließlich zurück in den Arbeitsprozess", sagt sie. "Ich glaube, die Regierung ist sich gar nicht bewusst, welcher Flächenbrand schwelt", sagt eine Patientin und erntet zustimmendes Kopfnicken.