Gesundheitsamt Gesundheitsamt: Knapp 1.000 Kinder müssen zur Schuleingangsuntersuchung nach Eisleben

Sangerhausen/MZ - Michael Dietrich ist betroffen, sowohl moralisch als auch tatsächlich. Der Sangerhäuser ist Vater eines Kindergartenkindes, das wohl oder übel ab Herbst mit der Schule und dem Ernst des Lebens beginnen soll. Das Stillsitzen üben die Sprösslinge heutzutage schon bei der mitunter sehr langen Anreise zur Schuleingangsuntersuchung. Dietrich und viele andere Eltern können nicht nachvollziehen, wieso die Schulfähigkeit ihrer Kinder ausschließlich in Eisleben überprüft werden kann. Früher ging das schließlich auch anders, um nicht zu sagen einfacher. Zumindest für die Eltern. Die MZ hat beim Landkreis nachgefragt.
„Wir sind Kreisstadt und das wird völlig ignoriert“, beschwert sich Dietrich. Seitdem das Gesundheitsamt 2012 von Sangerhausen nach Eisleben umgezogen ist, werden die Schuleingangsuntersuchungen nur noch dort angeboten. Von 2008 bis 2012 erfolgte die Untersuchung der Kinder - in diesem Jahr sind es zwischen 900 und 1 000 - für den Landkreis noch in Sangerhausen. Aus der eigenen Kindheit erinnert man sich an diese etwas speziellen Szenarien, wenn Weißbekittelte in die Kindergärten kamen, im besten Fall der Mittagsschlaf ausfiel und nach überstandener Untersuchung sogar ein Gummibärchen winkte.
Dass die Ärzte direkt vor Ort in den Kitas oder Schulen untersuchen, funktioniert heute nicht mehr. „Für das medizinische Personal entstehen sonst zu viele Leerlaufzeiten“, erklärte der Sprecher des Landkreises, Uwe Gajowski. Angemeldete Kinder seien nicht zum vereinbarten Termin erschienen, angebotene Untersuchungstermine seien von den Eltern nicht ausreichend genutzt worden.
„Die Durchführung der Untersuchungen im Gesundheitsamt lässt die effektivere Auslastung der Mitarbeiter zu. So können freie und abgesagte Termine ständig neu vergeben werden“, weiß Gajowski. Ohne diese Organisation der Schuleingangsuntersuchungen wäre die Einhaltung der vorgegebenen Fristen nicht möglich. Schließlich sollen die Untersuchungen der Kinder bis Mitte Juli des entsprechenden Jahres abgeschlossen sein. Gajowski räumte ein: Auch im Gesundheitsamt entstehen Leerlaufzeiten, die man vor Ort aber besser nutzen könne, indem man Gutachten schreibt, Asylbewerber impft und und und.
Nach Einschätzung des Gesundheitsamtes ist die Einrichtung eines zusätzlichen Anlaufpunktes in Sangerhausen, wie von den Eltern vielfach gewünscht, derzeit nicht umsetzbar. So werden schon allein an die Räumlichkeiten zahlreiche Anforderungen
ellt. Man benötigt jeweils einen Raum für Vor- und ärztliche Untersuchung, dazu noch Sichtschutz und Untersuchungsliege. Wenn schon nicht in jedem Kindergarten, so könnte man sich als Elternteil in jeder Kommune einen Anlaufpunkt für die Schuleingangsuntersuchung wünschen. Der Landkreis machte klar: „Dieser Wunsch ist verständlich, aber nicht finanzierbar“. Bei elf Kommunen im Kreis würden sich auch die Kosten verelffachen. Das Gesundheitsamt verfüge außerdem über eine freundliche und kindgerechte Ausstattung. Diese sei wichtig, um bei den Kindern Vertrauen auf- und Ängste abzubauen.
Ausnahmeregelungen sind vom Gesetzgeber übrigens nicht vorgesehen, egal wie schwierig es für die Eltern wird. Von Sangerhausen nach Eisleben mag ja noch zu verschmerzen sein, für Breitensteiner Eltern sieht es schon anders aus. Viele müssen am Untersuchungstag Urlaub nehmen.
Sowohl im Schulgesetz als auch im Gesetz über den Öffentlichen Gesundheitsdienst ist festgelegt, dass nur der Kinder- und Jugendgesundheitsdienst die Einschulungsuntersuchung vornehmen darf, niedergelassene Kinderärzte sind keine Option.