1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Sangerhausen
  6. >
  7. Musikalischer Aufruhr in Mansfeld-Südharz: Gedenken an den Bauernkrieg: Publikum darf sich auf ein gewaltiges Müntzer-Oratorium freuen

Musikalischer Aufruhr in Mansfeld-Südharz Gedenken an den Bauernkrieg: Publikum darf sich auf ein gewaltiges Müntzer-Oratorium freuen

Zum Bauernkriegsgedenken wird in diesem Jahr ein gewaltiges Müntzer-Oratorium aufgeführt. Auf welches außergewöhnliche Werk das Publikum sich freuen darf.

Von Grit Pommer 16.01.2025, 18:00
Kreiskantorin Martina Pohl mit Komponist Christoph Reuter (li) und Autor Andreas Hillger beim ersten Treffen mit den Chören.
Kreiskantorin Martina Pohl mit Komponist Christoph Reuter (li) und Autor Andreas Hillger beim ersten Treffen mit den Chören. (Fotos: K. Winterfeld)

Sangerhausen/MZ. - „Uffruhr!“, schallt es durch das weite Kirchenschiff, untermalt vom hämmernden Klang des Keyboards. Immer wieder und in wechselnden Tonhöhen. „Uffruhr! Uffruhr!“

„Cool! Das funktioniert!“, ruft Christoph Reuter und nimmt die Hände von den Tasten. Der Uffruhr, auf Nicht-Mansfeldisch: Aufruhr, den Reuter an diesem Abend in der Sangerhäuser Jacobikirche musikalisch zu inszenieren versucht, ist 500 Jahre alt und soll klingen wie aus hunderten Kehlen wütender Bauern.

Hunderte Kehlen werden dabei sein, wenn das Müntzer-Oratorium „So lange ihr Tag habt“ im Sommer seine Uraufführung erlebt. Doch 500 Jahre später werden sie nicht aufständischen Bauern gehören, sondern Sängerinnen und Sängern von Chören aus dem gesamten Kirchenkreis Eisleben-Sömmerda.

Musikalischer Beitrag zum 500-jährigen Gedenken an den Bauernkrieg

Der will mit dem Oratorium einen großartigen musikalischen Beitrag leisten zum 500-jährigen Gedenken an den Bauernkrieg in der Region und den Tod Thomas Müntzers. Das musikalische Werk hat er bei Christoph Reuter und Andreas Hillger in Auftrag gegeben, der den Text geschrieben hat.

Beide haben schon öfter zusammengearbeitet. Der Kontakt zum Kirchenkreis indes ist mit einer schlichten Mail zustande gekommen: Kreiskantorin Martina Pohl hatte die Idee zu einem Müntzer-Oratorium und fragte bei Reuter an, ob er sich das vorstellen könnte.

„Ich dachte, ich kriege vielleicht zwei, drei Tage später eine Antwort-Mail“, erzählt sie. Doch Reuter rief nach einer halben Stunde begeistert zurück. Wenig später traf man sich mit Andreas Hillger in Halle im Café und besprach, wie man die Sache angehen könnte.

Probe der Chöre in der St. Jacobi-Kirche in Sangerhausen

Inzwischen sind die Texte geschrieben, die Chorstücke und Soli komponiert. In Reuters Kopf und auf dem Notenpapier existierte die Musik schon. „Jetzt wird sie zum ersten Mal lebendig“, erklärte er mit euphorischer Vorfreude. Wobei es zunächst nur darum geht zu überprüfen, ob alles in den passenden Tonhöhen komponiert ist.

In den Kirchenbänken von St. Jacobi haben sich Vertreter aller beteiligten Chöre, die bis aus Sömmerda, Bad Frankenhausen und Eisleben angereist sind, nach Stimmlagen sortiert. Die Noten werden mit dem Beamer auf eine Leinwand geworfen, Reuter lässt Sopran, Alt, Tenor und Bass die ersten Zeilen ihrer Stimmen ansingen. Dann singen alle gemeinsam. Die Komposition entfaltet ihr volles Farbenspiel und lässt erahnen, mit welcher Stimmgewalt das Werk im Sommer zur Aufführung kommen wird.

Chöre aus dem gesamten Kirchenkreis wirken beim Oratorium mit.
Chöre aus dem gesamten Kirchenkreis wirken beim Oratorium mit.
(Foto: Klaus Winterfeld)

Rund 300 Sänger an dem Oratorium beteiligt

Zuerst am 30. August beim Kreiskirchentag in der Allstedter Johanniskirche, dann am 5. September in der Unterkirche in Bad Frankenhausen und eine Woche später in Wittenberg. Chöre von dort werden auch in Thüringen dabei sein. „Das sind dann statt 230 sogar rund 300 Sänger – mit so vielen habe ich noch nie zusammengearbeitet“, stellt Reuter fest.

Doch genau diese Stimmgewalt ist es, die er sich für sein Oratorium wünscht. „Bauernkrieg ist kein Kindergeburtstag, da muss es auch musikalisch richtig zur Sache gehen“, sagt Reuter, der es auch bei der Begleitmusik richtig krachen lässt: Orgel, viele Bläser, Bass, Cello, Flöte Klavier und gleich zwei Schlagzeuge gehen beim Oratorium an den Start, dazu zwei Profisänger aus Berlin, die die Solo-Parts übernehmen.

„Ich hatte Probleme, einen richtig positiven Helden aufzubauen“, sagt derweil Hillger zum Text. Zu fanatisch war Müntzer nach allem, was er über ihn recherchiert hat. Eine große Rolle wird deshalb Münzers Frau Ottilie zukommen.

Müntzers Worte kurz vor der Schlacht eingeflochten

Hillger hat viele Originaltexte eingeflochten, auch Müntzers Worte kurz vor der Schlacht und das Lied, das sie damals auf dem Berg gesungen haben sollen, bevor das Heer der Fürsten sie niedermetzelte.

Beginnen lässt er sein Oratorium mit Luthers letzter Predigt im Februar 1546 in Eisleben – fast 21 Jahre nach dem Bauernkrieg – in der er Müntzer ausdrücklich erwähnt. Ein Zeichen dafür, wie sehr ihn der Allstedter Prediger, der die Reformation so viel radikaler anging als er selbst, da immer noch beschäftigt haben muss.

So, wie uns die damaligen Fragen durch die Zeiten hinweg bis heute beschäftigen: Nach Widerstand und Gewalt, Duldung und Freiheitsdrang. Für die Chöre jedenfalls beginnt jetzt die Probenarbeit.