Funde an Fernwassertrasse Funde an Fernwassertrasse: Archäologen begeistert: "Hier wurde Geschichte geschrieben"

Einzingen - Susanne Friederich vom halleschen Landesamt für Archäologie und Denkmalpflege ist begeistert: „Dieser Topf wird bald im Museum zu sehen sein.“ Geformt wurde er etwa um das Jahr 2000 vor Christus. Jetzt haben ihn die Archäologin Maria Kluge und ihr Team in der Nähe von Einzingen als Grabbeigabe gefunden und mit anderen Fundstücken am Donnerstagnachmittag der Öffentlichkeit präsentiert. In diesem Acker wird schon in Kürze die Leitung liegen, durch die das Fernwasser aus der Rappbodetalsperre von Nienstedt nach Sangerhausen fließen soll.
„Verschiedene Kulturstufen haben hier gemeinsam Geschichte geschrieben“
Doch es ist weniger das Alter des Gefäßes, das die Archäologen staunen lässt. Vielmehr sind es die Form und die Verzierungen, wie Friederich erläutert: Aus den südrussischen Steppen brachten die damaligen Siedler die Schnurkeramik mit. Die sogenannte Glockenbecherkultur breitete sich dagegen von der iberischen Halbinsel aus. Die Form und die Verzierungen des Topfes sind nun für die Archäologen der Beweis dafür, dass sich beide Kulturen hier vermischt haben - nämlich zur Frühbronzezeit, um 2000 vor Christus. „Verschiedene Kulturstufen haben hier gemeinsam Geschichte geschrieben“, sagt Friederich.
Der Topf gehört zu 250 sogenannten Befunden, die die Archäologen seit April ausgegraben haben. Sie stammen aus der Zeit um 2200 vor Christus bis zum 4. Jahrhundert nach Christus. Zu ihren Entdeckungen gehören zum Beispiel auch Grubenhäuser, und nicht nur eins. „Die Pfosten sind noch sehr deutlich zu sehen“, sagt Kluge und deutet auf die hellgrauen Verfärbungen im Boden. In den Häusern könnte es kühl gewesen sein, vermutet die Archäologin, zum Alter lasse sich noch nichts sagen. Und auch nicht, warum im Eingangsbereich dieses Hauses die Reste eines Rinderschädels liegen. Das könnte sich aber mit Hilfe der Radiokarbondatierung noch herausfinden lassen, knüpft Friederich an. Schlackestücke haben sie beim Graben gefunden und Reste eines Ofens, erkennbar an den hellen und dunklen Verfärbungen, wie Kluge zeigt.
Gebiet ist über mehrere Jahrtausende hinweg „intensiv besiedelt worden“
Anhand der Funde von der Jungsteinzeit bis zur römischen Kaiserzeit steht für Friederich fest: Das Gebiet, in dem schon bald die Fernwasserleitung liegen wird, ist über mehrere Jahrtausende hinweg „intensiv besiedelt worden“. Weil das schon vorm Beginn der Bauarbeiten als sicher galt, habe man gezielt graben können. Nicht auf der kompletten Trassenlänge, aber auf einer Länge von 1,6 Kilometern.
„Vor 25 Jahren hätte man die Mahlsteine, die wir hier gefunden haben, gewogen und weggeworfen“, vergleicht Friederich. „Heute können wir die DNA des Getreides bestimmen, die sich in den Stein eingefressen hat, und herausfinden, welches Korn gemahlen worden ist.“ Diese neue Methode hätten Forscher aus Barcelona soeben vorgestellt. „Einmalig! Die Archäologie ist am Grenzfeld zu den Naturwissenschaften angekommen.“
Voraussichtlich am Ende der nächsten Woche werden die Archäologen ihre Untersuchungen an der Trasse beenden. Im Nachhinein bleibt trotzdem noch einiges zu tun. Bodenproben sind zu untersuchen, Scherben zu Gefäßen zusammenzufügen und zu erforschen, ob in den Gefäßen vor 4000 Jahren Honig oder Milch drin waren. Auf dem Acker hingegen wird die Baufirma die letzten Meter der knapp acht Kilometer langen Fernwasserleitung legen. (mz)

