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Nach "Friederike" "Friederike" viel schlimmer als "Kyrill" - Sturm

Von Grit Pommer 27.01.2018, 14:14
Die Luftaufnahme, entstanden zwischen Hayn und Dankerode, zeigt, wie der Orkan die Bäume gleich flächenweise umwarf.
Die Luftaufnahme, entstanden zwischen Hayn und Dankerode, zeigt, wie der Orkan die Bäume gleich flächenweise umwarf. Marcel Beilecke

Obersdorf - Der Anblick ist apokalyptisch. Bäume mit 50 Zentimeter starken Stämmen sind gebrochen und gesplittert wie Schaschlikstäbe. Riesige Fichten liegen der Reihe nach hingemäht, Wurzelteller mit zwei Metern Durchmesser sind aus dem Boden gerissen, einfach so. Wo einst bewaldete Hänge waren, ist Kahlschlag.

Im Horla-Tal zwischen der Kohlenstraße und dem kleinen Harzdorf hat sich Orkan „Friedrike“ mit wütender Macht durch den Wald gepflügt. Inzwischen ist klar: Im Landesforstbetrieb Süd hat sie doppelt so viel Schaden angerichtet wie seinerzeit „Kyrill“. Rund 160.000 Festmeter Holz sind gefallen, schätzen die Forstleute.

Hans-Peter Pursche, der seit 1982 das Revier Südharz leitet, hat so etwas noch nicht erlebt. „Das Schlimme ist: Diese zerrissenen Bestände werden auch nicht wieder stabil“, sagt er. Jahrzehntelang hat er hier den Wald gehegt, war unter dichten Baumkronen unterwegs, die es jetzt nicht mehr gibt.

Einmal im Leben kommt die echte Katastrophe

„Die sollten eigentlich noch ein bisschen Speck ansetzen“, sagt Pursche beim Blick auf die fast 100 Jahre alten Eichen, die links und rechts des Weges am Boden liegen. Nichts zu machen, das ist nun mal die Natur, meint er und berichtet von einem alten Förster-Spruch: Mindestens einmal in seinem Berufsleben werde man von einer echten Katastrophe erwischt.

Seine kam als Schlussakkord. Ende September geht der Revierleiter in den Ruhestand. In den kommenden Monaten muss er nun aufräumen und die Grundlagen für Neues schaffen. Wie es sich dann entwickelt, dafür wird ein Nachfolger sorgen.

Innerhalb weniger Stunden hat „Friederike“ im Landesforstbetrieb Süd die komplette Planung über den Haufen geworfen. Statt Holz aus Beständen zu ernten, die sorgfältig dafür ausgewählt waren, muss man jetzt den Windbruch aufarbeiten. Und als wäre die schiere Masse nicht Problem genug, muss es auch noch sehr schnell passieren.

„Friederike“ traf Sachsen-Anhalt besonders hart

Spätestens im Mai fliegt der Borkenkäfer aus, weiß Forstbetriebsleiter Holger Koth. In totem Fichtenholz findet der Käfer beste Bedingungen zum Siedeln. Für die Forstleute heißt das: Die Unmassen an gefallenem Holz müssen aus den Beständen geholt und möglichst aus dem Wald herausgeschafft werden - weg von den gesunden Fichten, die der Schädling sonst als nächstes befallen würde.

Wochenendarbeit ist angesagt. Auch Urlaubssperre? Nicht nötig, sagt Koth. „Die Motivation der Leute ist so groß, dass sie von sich aus ihren Winterurlaub abgesagt haben.“ Förster und Waldarbeiter hätten eine sehr enge Verbundenheit zu den Beständen, in denen sie schon seit vielen Jahren unterwegs sind.

Anders als „Kyrill“, der bundesweit tobte, hat Orkan „Friederike“ Sachsen-Anhalt und ganz besonders den Harz am schwersten getroffen. Von Thale über Harzgerode und Wippra zieht sich eine Schneise der Verwüstung durch die Wälder. In den benachbarten Bundesländern gibt es weit weniger Schäden. So wird es etwas einfacher sein als 2007, Unternehmen für das Aufarbeiten des Windbruchs zu gewinnen. Die ausgedünnte Personaldecke im Landesforst und das Durchschnittsalter der Beschäftigten, das fast schon bei 60 liegt, machen die Mammutaufgabe aber nicht leichter. Am schlimmsten betroffen sind im Forstbetrieb Süd die Reviere Bodenschwende, Schiefergraben und Südharz. Vergleichsweise glimpflich kamen Ziegelroda und Rothenschirmbach davon, wo der Orkan jeweils rund 5.000 Festmeter fällte.

Bei aller Eile stehe bei der Aufarbeitung aber die Sicherheit an erster Stelle, sagt Koth. Das habe man in einer Mitarbeiterversammlung allen deutlich gemacht und dazu würden auch die Unternehmen belehrt. Während in dieser Woche schon wieder Motocrosser durch die verwüsteten Waldabschnitte kurvten, warnen die Forstleute weiter davor, sich in Bereichen mit Windbruch zu bewegen. „Wenn ein Baum samt Wurzel fällt, dann passiert das lautlos und ohne Vorwarnung“, sagt Revierförster Pursche. (mz)

Revierförster Hans-Peter Pursche im verwüsteten Horla-Tal.
Revierförster Hans-Peter Pursche im verwüsteten Horla-Tal.
Pommer
Baumriesen knickten.
Baumriesen knickten.
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