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Erinnerung in Sangerhausen Erinnerung in Sangerhausen: Neue Stolpersteine unter großer Anteilnahme gesetzt

Von Tina Edler 08.11.2013, 21:07
Normi Schekel, die Enkelin von Moritz und Henrietta Loewe, zündet Kerzen an.
Normi Schekel, die Enkelin von Moritz und Henrietta Loewe, zündet Kerzen an. maik schumann Lizenz

Sangerhausen/MZ - In der Göpenstraße in Sangerhausen erklang gestern Nachmittag das jüdische Heiligungsgebet „Kadisch“ in hebräischer Sprache - vorgetragen von den Enkeln und Urenkeln des Ehepaares Moritz und Henrietta Loewe.

Im Gedenken an die verfolgten jüdischen Mitbürger, wurden am Freitag in der Sangerhäuser Innenstadt, unter großer Anteilnahme der Bevölkerung, erneut Stolpersteine gesetzt. Unter den über hundert Anwesenden waren auch Verwandte des Ehepaares Loewe, die aus Israel angereist waren.

Für Moritz und Henrietta Loewe wurden zwei separate Stolpersteine gesetzt. In Erinnerung an ihre Groß- und Urgroßeltern zündeten die Familienmitglieder Kerzen an und legten weiße Rosen nieder. Die Familie Loewe besaß in den 1930er Jahren ein Schuhgeschäft in der Göpenstraße 21 und wurde schon nach dem „Judenboykott 1933“ so gedemütigt und bedrängt, dass sie nach Palästina floh und dort bettelarm ein neues Leben beginnen musste.

Von Ärzten ermordet

Ein paar Häuser weiter in der Göpenstraße 13 erinnert seit Freitag auch ein Stolperstein an Ernst Ikenberg. Seine Eltern besaßen dort ein Geschäft und wichen vor antisemitschen Anwürfen schon vor 1933 nach Bad Frankenhausen aus. 1942 wurde Ernst Ikenberg nach Theresienstadt deportiert und starb 1944 in Auschwitz. Auch ihm gedachten die Verwandten des Ehepaares Loewe mit dem jüdischen „Kadisch“, Kerzen und weißen Rosen.

Der vierte Stolperstein wurde in Gedenken an Edith Große, Opfer der NS-Euthanasie, gesetzt. Dieser Stein befindet sich vor ihrem damaligen Elternhaus Zum Alten Markt 14. Das behinderte Mädchen wurde 1941 im Alter von 14 Jahren in einer psychiatrischen Anstalt von Ärzten ermordet. Schüler des Geschwister-Scholl-Gymnasiums Sangerhausen schrieben ihr einen Erinnerungsbrief, den sie vor den Anwesenden verlasen.

Peter Gerlinghoff, von der Initiative „Erinnern und Gedenken“, verwies auf die Wichtigkeit dieser Erinnerungsveranstaltung. Die tragischen Schicksale der jüdischen Mitbürger sollen nicht vergessen werden. Im Anschluss wurde in der Jacobikirche eine Ausstellung über Euthanasie im Dritten Reich eröffnet. Die Ausstellung ist nächste Woche in der Kirche im Rahmen der Friedensdekade zu sehen. Ekkehard Kumbier und Kathleen Haack von der Universität Rostock sowie Volker Thieme aus Bremen, der sich mit der Zwangssterilisation beschäftigt hat, hielten danach Vorträge zum Thema „Euthanasie“.

Stolperstein für Edith Grosse (14) - Euthanasieopfer.
Stolperstein für Edith Grosse (14) - Euthanasieopfer.
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