Ein Jahr Bewährung nach Missbrauch der Schwester
Halle/Eisleben/MZ. - Die Staatsanwaltschaft hatte dem Angeklagten vorgeworfen, sich bereits als 14-Jähriger an seiner damals fünfjährigen Nichte vergangen zu haben. In der Folge soll er immer wieder, bis zum Jahr 2000, kleine Nichten und seine Schwester missbraucht und vergewaltigt haben. Selbst als sein Vater einen sexuellen Übergriff entdeckte und Lars W. zur Rede stellte, missbrauchte er die Kinder wieder.
"Mit Bauchschmerzen", so sagte die Vorsitzende Richterin Gudrun Rosenfeld in der Urteilsbegründung, habe man eine Bewährungsstrafe ausgesprochen. Denn obwohl Lars W. die Taten eingeräumt hat, kann der in einer geschützten Werkstatt untergebrachte junge Mann wegen der bis zu zehn Jahre zurückliegenden Missbrauchsfälle nicht verurteilt werden. Ein Gutachter hatte im Prozess gesagt, dass man nach so einem langen Zeitraum nicht mehr bestimmen kann, ob der an einer Intelligenzminderung leidende Angeklagte damals überhaupt strafrechtliche Reife hatte. Mit anderen Worten: Der zur Tatzeit 14- bis 21-Jährige musste einem strafunmündigem Kind gleichgesetzt werden. Aus diesem Grund hatten die Richter alle Anklagepunkte bis auf den letzten aus dem Jahr 2000 eingestellt.
Zudem wollten sich die Mädchen, aus denen zwischenzeitlich junge Damen geworden sind, im Prozess nicht mehr an die sexuellen Übergriffe erinnern, sondern das Ganze verdrängen: Etwa, wie der Angeklagte als 18-Jähriger bei seiner Schwester Babysitten sollte und sich dabei an der sechsjährigen Nichte verging. Oder wie er als 17-Jähriger seine damals achtjährige Schwester vergewaltigte und sie auslachte, als sie weinte. Nur an den letzten Vorfall, bei dem ihr Bruder sie auf dem Dachboden vergewaltigte, erinnerte sie sich.
Auch wenn Lars W. unter Betreuung steht und jetzt einen Bewährungshelfer zur Seite hat, forderte das Gericht, dass sich der 25-Jährige einer Therapie beim Psychologen unterziehen muss.