Ehemaligentreffen Ehemaligentreffen: Erinnerung verstummt nicht
Sangerhausen/MZ. - Fast 110 Jahre ist es her, dass die Pianofortefabrik Alexander Herrmann in Sangerhausen gegründet wurde. Herrmann senior hatte da die alte Pianofabrik C. H. Bornkessel in Sangerhausen übernommen - erst gepachtet, 1905 dann gekauft. 90 Jahre gehörte sie zu Sangerhausen wie die Gonna. 1993 war Schluss - aber nicht so ganz.
Eigentlich hat nur die Produktion aufgehört, denn die ehemaligen Mitarbeiter treffen sich seit 2007 regelmäßig einmal im Jahr. "Es gibt immer viel Gesprächsstoff und Bilder", sagt Ekhart Schröter, der die Treffen angeregt hat. "Ich bin der Übeltäter", sagt er und lacht. Außerdem erfahre man so auch, was einige von ihnen heutzutage beruflich machen.
"Es ist eine echte Freude, von früher zu erzählen, das macht richtig Spaß", sagt auch Ilse Schneider. Sie ist so etwas wie das Gedächtnis der Pianofortefabrik. Denn llse Schneider hat so ziemlich alle Daten und Fakten zum Unternehmen gesammelt und in einer Mappe aufbewahrt - Zeitungsartikel, Klavierbroschüren, chronologische Listen mit Ereignissen in der Firmengeschichte oder der Zahl der pro Jahr verkauften Instrumente. Die gab es in den drei Grundmodellen Modern, Chippendale und Klassisch, in matt oder hochglanzpoliert sowie in vielen Holzsorten und als Klein- oder Konzertpiano.
In den Jahren 1983 bis 1985 sind jeweils 3 500 Klaviere hergestellt worden, hat sie dokumentiert. Das ist die höchste Produktionszahl in der Firmengeschichte. Genauso hat sie aufgeschrieben, dass beispielsweise 1982 kein einziges der in Sangerhausen gebauten Instrumente ins Inland, damals die DDR, geliefert wurde, dafür aber 300 jedes Jahr in die Sowjetunion. "Die wollten immer hochglanzpolierte", erinnert sie sich.
Obwohl die meisten Klaviere tatsächlich für den Export in mehr als 30 Länder, so vor allem nach Frankreich und Italien, aber auch nach Australien, Japan oder Venezuela, bestimmt waren, gab es sie in der DDR zu kaufen. Vor allem in Schulen findet man vermutlich heute noch das eine oder andere Alexander-Herrmann-Klavier.
Dass die Firma nach der Wende nicht mehr auf die Beine kam, bedauern sowohl Ilse Schneider, die damals in der Produktionsleitung arbeitete, als auch Ekhart Schröter, der es bis zum Meister gebracht hatte. "Es wäre schon interessant, noch einmal in die alten Hallen zu schauen", sagt Schröter und teilt damit Ilse Schneiders Meinung. Aber, so Ilse Schneider, es sei ja nichts mehr da an Maschinen.
"Die Taktstraße, die Absauganlage, es ist alles abgebaut. Es ist nur noch eine leere Hülle vorhanden." Und noch etwas eint die beiden früheren Mitarbeiter der Pianofortefabrik - neben ihrem Spaß an den Treffen: Sie können beide nicht Klavier spielen.