Dittichenrode Dittichenrode: Kleiner Ort feiert groß

Dittichenrode/MZ - Die Zahl 1 000 schmückte am Samstag den Geburtstagskuchen in Dittichenrode. Im März 2012 erfuhren die 110 Einwohner des Ortes auf der Heimatseite der Mitteldeutschen Zeitung, dass ihr Ort bereits im Jahr 1013 erstmals urkundlich erwähnt wurde. So packte ein engagiertes Organisationskomitee die Gelegenheit beim Schopfe, um ein Fest vorzubereiten. Das war offensichtlich ganz im Sinne der zahlreichen Gäste, die auch gern von weither anreisten. Sie füllten die Kirche Sankt Annen und Marien sowohl bei der Festsitzung am Freitagabend als auch beim Festgottesdienst am Samstag bis auf den letzten Platz.
In einer von Anja Ehrke und Flavius Kyrill musikalisch umrahmten Festsitzung, gratulierten unter anderem Landrat Dirk Schatz (CDU) und Südharz-Bürgermeister Ralf Rettig (CDU) den Einwohnern des Ortes. Mit historischen Fotos unterlegt, stellte Ortsbürgermeister Axel Heller in der Festrede unter anderem unterhaltsam dar, warum Dittichenrode binnen 12 Jahre um 250 Jahre gealtert sein kann und welche Höhen und Tiefen es in der Geschichte des Ortes gab. Erst im Jahr 2001 wurde die 750-Jahr-Feier veranstaltet. Damals bekam der Ort eine Fahne überreicht, die an die urkundliche Erwähnung des Ritters von Tütchenrode erinnerte. Nun schmückt dieselbe Fahne noch eine Fahnenband mit der früheren urkundlichen Nennung.
Klein, aber oho
Das Fest gab wieder einmal Gelegenheit zum Innehalten, Erinnern und Genießen. Mit viel Engagement verstanden es das Organisationskomitee und dessen Helfer, den Einwohnern und Gästen mit gemalten oder fotografierten Ansichten und bei einer Wanderung zur Kalkhütte, einen Einblick in das dörfliche Leben zu geben. Ein Ort zwischen Vergangenheit und Zukunft, dessen Einwohner mit genügend Willen gewappnet sind, um eine bereits ruinöse Kirche wieder aufzubauen. Nun sind sie dabei, ihr Bürgerhaus mit Wanderstützpunkt zu gestalten, denn die Nähe zur Autobahn lässt den kleinen Ort ein guter Ausgangspunkt für Karstwanderungen sein. Ganz nach dem Motto: klein, aber oho.
Das zeigte sich auch am Samstag, als Uwe Kramer vom Biosphärenreservat Karstlandschaft Südharz und Hans Hach als Zeitzeuge mit interessierten Gästen bei tropischen Temperaturen zur Dittichenröder Kalkhütte wanderten. Für Gisela Winter war es ein Weg in die Vergangenheit. Hatte sie doch wie ihr Cousin Hans Hach zeitweise hier gewohnt. Gern gestaltete Pfarrer Lutz Jünger den Festgottesdienst mit. Während seiner Amtszeit begann der Wiederaufbau der Kirche.
Pfarrer stattet Besuch ab
Dagegen staunte sein Amtsvorgänger Bernd Bochmann. Er lebte hier in den 1970er Jahren mit seinen Eltern im Pfarrhaus. „Wir sahen zu dieser Zeit auf die Kirchenruine“, erinnerte er sich. „Es war eine gute Idee meiner Tochter, hierher zu kommen. Ich staune und freue mich, was hier geschehen ist und dass die Gemeinde lebt.“ Viele Gemeindeglieder hatten ihn auch nach seinem Weggang, 1980, nicht vergessen. Pfarrer Markus Blume verstand es in der Predigt gut, das Heimatgefühl der Dittichenröder nachvollziehbar darzulegen.
Ein verbindendes Element dabei ist der Lehrer Rudi Worch, der seinerzeit das ganze Dorf für die Kultur begeisterte, Tanzgruppen und Chöre betreute und Dorfansichten in Fotos festhielt. Dessen Tochter, Gudrun Schunke (60), enthüllte im Rahmen der Festsitzung am Bürgerhaus und Wanderstützpunkt eine Gedenktafel. „Ich komme schon gern wieder hierher“, sagte sie. „Die Schule ist auch mein Geburtshaus. Als meine Eltern von hier wegzogen, war die Schule schon geschlossen.“
Spätestens das reichliche Kuchenbüfett und die volle Tanzfläche bei den Klängen der Country-Musik erinnerte die Einwohner an die einst gut besuchten Countryfeste im Ort, denn die Dittichenröder brauchen eigentlich keine Jubiläumsfeier, um fröhlich zu sein.


