Das Wörtchen «Nein» kennt Ruth Blei nicht
Sangerhausen/MZ. - Ruth Blei ist rastlos, jeden Tag unterwegs und das meist zu Fuß. Sie macht für Nachbarn und Frauen aus der Volkssolidaritätsgruppe Besorgungen im Supermarkt oder in der Apotheke, stattet Krankenbesuche ab - sie ist immer für andere da. Kein Wunder, dass die rüstige Rentnerin gleich mehrmals für den Blumenstrauß der Woche vorgeschlagen wurde.
Seit 24 Jahren ist die gebürtige Lengefelderin Mitglied in der Ortsgruppe 19 der Volkssolidarität und seit 20 Jahren übernimmt sie die Aufgabe als Hauptkassierin. "Zu denjenigen, die nicht mehr gut zu Fuß sind, gehe ich nach Hause", erzählt sie. Auch organisiert Ruth Blei Feste und Ausflüge, so wie der nächste am 2. Juli zum Kirschfest in Tilleda.
Regelmäßig trifft sie sich mit Freundinnen im Roten Kreuz Café. Dann wird geschnattert und die nächsten Busausflüge geplant. Erst vor wenigen Tagen ist die neunköpfige Gruppe von den letzten Reise zurück gekehrt. "Es war wieder sehr schön. Wir waren in Koblenz und in Köln", erzählt sie. Doch auch in ihrem Wohnblock in Sangerhausen-Süd ist Ruth Blei die gute Seele. Für Nachbarin Irma Koch übernimmt die gelernte Köchin die große und kleine Hauswoche, oder kehrt im Winter Schnee. Auch Mathilde Mühlhansel lässt auf ihre Nachbarin nichts kommen. Hilft sie ihr doch so oft sie kann. "Ich weiß nicht woher die Frau ihre Kraft nimmt", sagt Nachbarin Mühlhansel, "auch weil sie so viele Schicksalsschläge einstecken musste".
Einfach hatte es Ruth Blei ganz sicher nicht. Sie wurde mit 41 Jahren Witwe und auch ihr zweiter Mann sollte vor ihr sterben. Als ob nicht schon genug vom Schicksal gebeutelt, verlor sie auch ihre drei Söhne und einen Enkel. "Ich stand schon vor so vielen Gräbern. Meine Familie hat kein Glück. Doch trotz allem trage ich auch heute noch immer den Kopf hoch und finde Unterstützung bei meinen vier Enkeln, drei Urenkeln und meiner Schwiegertochter Annegret. Ich versuche aus jedem Tag das Beste zu machen."