Skype statt Kurs Corona-Krise: Arbeit der Hebammen in Mansfeld-Südharz beeinflusst

Sangerhausen - Normalerweise würde Dienstag der nächste Geburtsvorbereitungskurs in Anja Rothes Praxis in Erdeborn starten. „Vorläufig gibt es keine Kurse mehr“, sagt die freiberuflich arbeitende Hebamme. „Die Räumlichkeiten sind zu klein.“ Angesichts der Corona-Pandemie soziale Kontakte aufs Nötigste zu beschränken, das betrifft auch den Alltag der Hebammen und Doulas (Geburtsbegleiterinnen).
Anja Rothe hat die letzten drei Stunden des vorigen Kurses per Skype angeboten, wie es zurzeit viele Hebammen praktizieren. „Meins ist das nicht, das ist mir zu unpersönlich.“ Zumal die Arbeit als Hebamme eine sehr „sensible“ Tätigkeit sei. In den Kursen werde mit Becken, Bauch, Brust gearbeitet. „Ich bin ein sehr praktischer Mensch, im Kurs geht es locker zu. Jede Gruppe ist individuell, ich konzentriere mich auf sie. Aber per Skype? Schwierig.“
Corona-Krise: Schwangere werden einzeln zur Hebamme bestellt
Wie viele andere Hebammen organisiert sie ihren zehn-, zwölfstündigen Arbeitstag nun anders. „Viel mehr Schwangere als vorher wollen jetzt nicht mehr in die gynäkologischen Praxen gehen“, so die 46-Jährige. Mutterschutz-Untersuchungen seien auch bei ihr möglich - nur kein Ultraschall. Sie kümmere sich auch um typische Schwangerschaftsbeschwerden wie Sodbrennen oder Rückenschmerzen.
„Ich bestelle die Frauen einzeln in die Praxis.“ Doch eben zeitlich so versetzt, dass sich die Frauen nicht begegnen und sie zwischendurch alles desinfizieren kann. Mit Mundschutz und Handschuhen zu arbeiten sei selbstverständlich, die Frauen brächten ihren eigenen Mundschutz mit.
Hausbesuche bei Wöchnerinnen mit Mundschutz
Bei den Geburten ist Anja Rothe nicht dabei, sie besucht aber die Wöchnerinnen zu Hause. Zurzeit betreut sie rund 15. „Ich schaue, ob es mit dem Stillen klappt, kontrolliere das Gewicht des Babys, sehe, ob das Neugeborene eine Gelbsucht oder Augenentzündung hat, schaue nach dem Nabel und wie es in der Windel aussieht.“ Das helfe besonders denjenigen Frauen, die ihr erstes Kind bekommen haben. „Viele Schwangere sorgen sich zurzeit, ob ich das weiter übernehmen werde“, sagt sie. „Klar, ich fahre hin, mit Mundschutz. Wenn die Frau und ich gesund sind, warum nicht.“
Sonst blieben die Frauen üblicherweise zwei, drei Tage nach der Entbindung in der Klinik. Sie habe aber festgestellt, sagt Rothe, dass zurzeit mehr Frauen ambulant gebären und die Klinik nach ein paar Stunden verlassen, sofern es Mutter und Kind gut geht und es kein Kaiserschnitt war.
Auch Ivonne Schiffner aus Mittelhausen, die nebenberuflich als Geburtsbegleiterin tätig ist, bekommt die Corona-Einschränkungen zu spüren - nur eben auf ganz andere Weise. „Ich darf nicht mehr mit in den Kreißsaal rein.“ Sie begleite zwar die Frauen auch jetzt vor und nach der Geburt - entweder online, beispielsweise über Snapchat, oder aber telefonisch.
Corona erschwert die Arbeit der Hebammen
„Doch Hausbesuche sind nicht mehr möglich.“ Dadurch könne sie die Massagen zur Entspannung für die Frauen oder auch für die Babys nicht mehr anbieten. Die einzige Möglichkeit, Frauen vor der Geburt persönlich zu treffen, sei mal ein gemeinsamer Spaziergang - natürlich mit gebührendem Sicherheitsabstand. „Da kann man das Wichtigste besprechen.“
Die meisten Frauen nähmen ja erfahrungsgemäß ihren Partner zur Entbindung mit, sagt die 40-Jährige, die seit zwei Jahren Frauen auf Wunsch bei der Geburt zur Seite steht. „In der Sangerhäuser Helios Klinik bin ich willkommen und schon öfter dabei gewesen, es hat gut funktioniert.“ Eine Geburt ziehe sich mitunter zehn Stunden hin, sie begleite die Frauen mal zur Toilette, massiere den Rücken, hole was zu trinken. Das sei nun vorläufig nicht mehr möglich. „Drei Frauen, die im September Termin haben, sind ganz traurig. Hoffentlich ist das alles bis dahin vorbei.“ (mz)