Geboren in Sangerhausen Chris Derer ( 46): Bestürzung über Tod von MDR-Jump-Moderator in Geburtsstadt

Sangerhausen - Der Tod des Radiomoderators Chris Derer hat viel Mitgefühl und Anteilnahme hervorgerufen. Der gebürtige Sangerhäuser hatte jahrelang bei MDR Jump gearbeitet und dort eine große Fangemeinde aufgebaut. Am Mittwoch nun gab der Sender auf seiner Homepage bekannt, dass Chris Derer nach schwerer Krankheit verstorben ist.
Wie überall im Land, reagierten auch die Nutzer der MZ-Facebook-Seite bestürzt. „Wie furchtbar, ich kann es nicht fassen. Mein aufrichtiges Beileid den Angehörigen und Kollegen und seinen Freunden“, schrieb Renate Pälchen. In den ersten sechs Stunden gingen die Beileidsbekundungen für Familie und Freunde im Minutentakt ein, einige Nutzer posteten weinende Smileys. Heidemarie Bienek schrieb beispielsweise: „Das tut mir sehr, sehr leid. Ich wünsche allen viel Kraft.“
Kurz vor seinem Abitur hatte Chris Derer während eines Praktikums beim Hessischen Rundfunk Gefallen am Radiojob gefunden und war im Jahr 2000 Gegenstand einer Geschichte in der Sangerhäuser Zeitung, in der es um berühmte Söhne und Töchter der Stadt ging.
MDR Jump: Chris Derer war eine der beliebtesten Radiostimmen Mitteldeutschlands
Der damals 26-Jährige schilderte, dass er den Job als Frühstücksmoderator im Radio liebe und er sich mit dem Beruf einen Kindheitstraum erfüllt habe.
„Chris Derer war seit dem Sendestart von MDR JUMP eine der prägendsten und beliebtesten Radiostimmen Mitteldeutschlands“, hieß es in einer Erklärung auf der Homepage des Senders.
„Er moderierte die Morningshow mit genauso großer Leidenschaft wie viele Jahre den Nachmittag und viele andere Sendungen bei MDR JUMP.“ Chris habe allerdings auch noch einmal etwas Neues wagen wollen deswegen vor wenigen Jahren ein Sportstudium in Leipzig begonnen, weswegen er zuletzt seltener zu hören war. „Dass er nun für immer verstummt ist, ist für uns unbegreiflich.“
Seine ehemalige Co-Moderatorin Miriam Schittek fand ebenfalls berührende Worte. „Danke für alles, was ich von Dir lernen durfte - fachlich und vor allem menschlich“, schrieb sie. „Du warst eine Seele von Mensch. Nicht einer von den Guten, einer von den Besten. Ich hoffe Du bekommst einen Ehrenplatz im Himmel und kannst da oben auf den Sonnenstrahlen surfen.“
Chris Derer - MZ-Bericht aus dem Jahr 2000 über den Jump-Moderator
Wenn andere gerade ins Bett gehen, beginnt für ihn ein langer Tag: Um drei Uhr steht der 26-Jährige auf, eine Stunde später ist er schon an seinem Arbeitsplatz. Und ab fünf Uhr kann ihn jeder hören: Chris moderiert bei Hit-Radio Antenne Sachsen-Anhalt die Morgensendung "Chris und das Morgenteam." Seit Sommer 1997 ist der gebürtige Sangerhäuser jeden Morgen "on air" und verbreitet gute Laune.
Gut gelaunt trifft man Chris auch im Sender an, wenn er die vierstündige Morgenshow hinter sich gebracht hat. Aufkommende Müdigkeit wird mit einer Tasse Kaffee weggespült und für den Hunger frühmorgens und zwischendurch steht eine Tüte Cornflakes auf seinem Schreibtisch. "Für mich ist es der absolute Traumjob, auch wenn man sich an das zeitige Aufstehen wohl nie richtig gewöhnt", sagt Chris. Aber er gewinnt dem Umstand auch eine gute Seite ab. "Es ist irgendwie schön, der Erste auf der Straße draußen zu sein, da steht man nicht im Stau."
Chris Derer hat sich mit seinem Job einen Kindheitstraum erfüllt
Mit seinem Job hat sich Chris einen Kindheitstraum erfüllt. Mit zwölf oder 13 Jahren, erinnert er sich, habe er Lautsprecher im Wohnzimmer seiner Eltern montiert "und sie dann mit einem selbst hergestellten Programm genervt". Vor genau acht Jahren, kurz vor seinem Abitur, machte er zusammen mit Klassenkameraden ein Praktikum beim Hessischen Rundfunk in Frankfurt. Chris: "Damals hat man uns gezeigt, wie ein Radiosender arbeitet. Wir waren bei einer Livesendung und mussten selbst eine Abschlussarbeit anfertigen. Seitdem bin ich Feuer und Flamme fürs Radio."
Kurz entschlossen habe er sich bei Radio Brocken, wie Hit-Radio Antenne damals noch hieß, "just for fun" beworben - mit Erfolg. "Angefangen habe ich wie alle - mit Kaffeekochen", erinnert sich Chris. Später dann durfte er Interviewtermine wahrnehmen und Nachtsendungen moderieren, um Erfahrungen zu sammeln. 1996 habe er dann die Nachrichten moderiert. Und im darauf folgenden Jahr entschied er sich, Anchor der Morgensendung zu werden. Seitdem ist er von fünf bis neun Uhr morgens Frontman, während Kollegin Michaela für Wetter und Sidegags sorgt. Komplettiert wird das Morgenteam durch Nick mit dem Verkehrsservice und William, der für die News zuständig ist.
"Ich setze mich manchmal in die Straßenbahn oder in den Bus und höre, was die Leute so beschäftigt."
Ist die Sendung gelaufen, ist für Chris der Arbeitstag noch lange nicht zu Ende. Bis 15 Uhr wird weitergemacht, manchmal auch länger. Nach der Sendung wird sie kritisch begutachtet. Fehler, die mal vorkommen, sollen die Hörer am nächsten Tag nämlich nicht wieder geboten bekommen. Nach der Sendungskritik bereitet Chris die Sendung des nächsten Tages vor. Dabei steht die Suche nach dem, was die Leute interessiert, im Vordergrund. "Ich setze mich manchmal in die Straßenbahn oder in den Bus und höre, was die Leute so beschäftigt." Schließlich erstellt Chris am Nachmittag noch den Sendeplan für den nächsten Tag. Ein Viertelstunden-Nickerchen und Kaffee gehören dazu, um fit zu bleiben. Dann ist Dienstschluss.
Jetzt heißt es für Chris abschalten, hin und wieder mit Sport. Und sonst? Viel lesen und CDs hören, im Internet surfen, e-mails an Freunde schicken. Dieser Kontakt ist Chris besonders wichtig. "Ich war mal kurz davor, alle Freunde zu verlieren. Wenn man sich nur in den Job reinkniet, steht man auf einmal allein da", warnt er. Am Wochenende besucht er regelmäßig seine Eltern in Sangerhausen. "Wenn ich nach Hause komme, ist das jedes Mal wie Urlaub." Den "richtigen" Urlaub nutzt Chris dazu, überhaupt nichts zu tun. Dann aalt er sich am liebsten unter südlicher Sonne. Denken viele mit Grausen an das Ende der so genannten "schönsten Wochen des Jahres", ist das bei Chris anders: "Der Job macht riesigen Spaß".
Chris Derer traf Richard von Weizsäcker und Jean Claude van Damme
Da ist das rund 20-köpfige Redaktionsteam mit einem Durchschnittsalter von 25 Jahren, wie Chris schätzt. Das "Du", mit dem man sich anredet, gehört zur freundschaftlichen Atmosphäre, die das Klima in der Redaktion bestimmt. "Wir sind ein eingeschworenes Team." Auch der Arbeitsplatz an sich kann sich sehen lassen: Auch wenn der vierstöckige Plattenbau in einem Industriegebiet im Norden von Halle nicht viel hermacht, der Radiosender ist aufs Modernste eingerichtet. In den Studios wird nicht mehr mit CDs jongliert, die Musik kommt direkt vom Computer. Und im Großraumbüro mit Blick auf den Petersberg kommt so manche gute Idee.
Außerdem lernt man eine Menge interessanter Leute kennen. So erinnert sich Chris gerne an Interviewtermine mit dem früheren Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker und dem Schauspieler Jean Claude van Damme. "Die Vielseitigkeit der Arbeit an sich ist es, was den Job ausmacht." Vom Aufspüren der Themen über das Aufbereiten bis zur Sendereife erledigen Chris und sein Team alles selbst. Von Zeit zu Zeit ist er bei Großveranstaltungen im Sendegebiet unterwegs und kommt direkt in Kontakt mit seinen Hörern. Erst gestern war er im Rahmen einer Promotionaktion für den Autobauer Renault vor Ort in einem Sangerhäuser Autohaus. Wieder eine der Gelegenheiten zum Live-Hörerkontakt, die Chris so mag.
Über jede Menge Plüschtiere und Fanpost kann er sich ebenso freuen. "Es ist ganz süß, was sich manche Mädels da so einfallen lassen." Einen so vielseitigen Job müsse man woanders suchen. Und dass er schlecht bezahlt werde, könne man auch nicht gerade sagen. "Man verdient ganz gut. Durch den langen Tag im Sender kommt man aber gar nicht groß dazu, Geld auszugeben." Das mache sich am Monatsende dann schon positiv bemerkbar, er könne gut davon leben.
Apropos Leben: Seit sieben Jahren hat Chris seinen Lebensmittelpunkt in Halle. Für sein Studium von Medienkommunikationswissenschaften, Politikwissenschaften und Literatur bleibt ihm aber schon lange keine Zeit mehr. "Ich glaube, hier (Hit-Radio Antenne) bin ich besser aufgehoben als in der Uni."
Seine Zukunft sieht Chris deshalb beim Radio. Ganz konkret bei "seinem" Hit-Radio Antenne. "Wenn man in so einem Laden groß geworden ist, hängt man da irgendwie dran. Seiner Fangemeinde wird Chris also weiter erhalten bleiben. Und seine weibliche Hörerschaft darf hoffen: Der 26-Jährige ist noch nicht in festen Händen. Autor: Holger Mannheim (mz)