Beschwerde einer Mutter Beschwerde einer Mutter: Rauswurf aus HNO-Praxis in Sangerhausen?

Sangerhausen - Daniela Koch ist stinksauer. Die zweifache Mutter aus Sangerhausen ist während eines Besuchs ihrer Hals-Nasen-Ohren-Ärztin offenbar aus der Praxis geflogen - inmitten der Behandlung ihrer sechsjährigen Tochter. Nach einer Beschwerde der Mutter will die Kassenärztliche Vereinigung Sachsen-Anhalt den Fall prüfen. Die Ärztin hingegen sieht sich im Recht.
Seit einem halben Jahr plagen die kleine Fabienne-Joelle Ohrenschmerzen: Regelmäßig klagt die Sechsjährige über Druck in den Gehörgängen. „Manchmal kann sie auf beiden Ohren nichts mehr hören“, berichtet ihre Mutter.
Ohrenschmalz ist wichtig für das Ohr. Er schützt den äußeren Gehörgang, den Abschnitt zwischen Ohrmuschel und Trommelfell, vor Infektionen.
Wie viel Ohrenschmalz sich bildet, ist sehr unterschiedlich und hat nichts mit körperlicher Hygiene zu tun. Vor allem Männer und alte Menschen können sehr viel davon produzieren. Zu viel Schmalz kann zu einem Propf führen, der das Hören beeinträchtigt.
Mediziner raten, Ohrenschmalz möglichst sanft zu entfernen, zum Beispiel mit einem weichen Lappen nach dem Waschen. Ein Propf lässt sich durch erwärmtes Oliven- und Mandelöl oder spezielle Ohrensprays entfernen. Auch ein Arzt kann den Propf mit einer Ohrspülung entfernen.
Bei der Hals-Nasen-Ohren-Praxis von Christine Ehrenpfordt in Sangerhausen ist das Mädchen deshalb in Behandlung, bekommt regelmäßig eine Lösung zum Ausspülen der Ohren verschrieben. Weil die Kleine zuletzt kaum noch hören konnte, ging Koch mit ihrer Tochter zum Kinderarzt. Der stellte einen Pfropfen im rechten Ohr fest und empfahl ihr deshalb den Besuch eines Ohrenarztes. Koch folgte dem Ratschlag - „als Mutter macht man sich schließlich Sorgen.“ Die wurden jedoch von der Ärztin nicht ernst genommen, ist Koch überzeugt. „Sie hat mit mir gesprochen wie mit einer Dummen“, beschwert sich die 35-Jährige. Sie berichtet, Ehrenpfordt habe darauf verwiesen, dass die bereits verschriebene Lösung ausreiche, eine Untersuchung deshalb nicht nötig sei. Als die Mutter auf einer Behandlung bestand, habe die Ärztin nur widerwillig die Ohren untersucht und ihrer Tochter bei der Untersuchung wehgetan. „Mein Kind fing vor Schmerzen an zu schreien“, schildert Koch. „Aber die Ärztin meinte nur, ich hätte all das meiner Tochter ersparen können.“ Koch reagierte wütend, Ehrenpfordt verwies sie der Praxis. Da hatte die Ärztin jedoch nur das linke Ohr von Fabienne-Joelle behandelt. Das rechte Ohr sei noch immer verstopft.
Kassenärztliche Vereinigung prüft Vorfall
Das darf nicht sein, sagte sich Koch und hat sich nun an die Kassenärztliche Vereinigung Sachsen-Anhalt gewandt. Dort will man den Fall prüfen, heißt es auf MZ-Anfrage. Generell dürfe ein Arzt die Behandlung nur in begründeten Fällen ablehnen: „Zur Ablehnung kann ein fehlendes Vertrauensverhältnis berechtigen, aber auch die Überlastung des Arztes“, teilt Vorstandsvorsitzender Burkhard John mit. Aber auch wenn der Patient ärztliche Anordnungen nicht befolge, sich „unqualifiziert“ verhalte oder „nicht indizierte Behandlungsmaßnahmen“ verlange, dürfe ein Arzt die Behandlung verweigern.
Ob der Behandlungsabbruch Ehrenpfordts rechtmäßig war, könne man ohne Kenntnis des konkreten Falls nicht beurteilen. Daniela Koch will diesen nun schriftlich darlegen. Christine Ehrenpfordt wehrt sich indes gegen die Vorwürfe. Sie habe die Mutter nicht aus der Praxis geworfen, die Behandlung jedoch abgebrochen, weil das Kind nicht still gehalten habe. „Die Gefahr einer Verletzung war zu groß“, so die Medizinerin. Die Gehörwand hätte leicht beschädigt werden und dadurch bluten können. Um dem Kind mögliche Schmerzen zu ersparen, habe sie die Behandlung erst bei einem Folgetermin fortsetzen wollen.
Die Angst der Mutter, Fabienne-Joelle könnte bleibende Schäden durch die fehlende Behandlung des rechten Ohres davon tragen, ist laut Ehrenpfordt unbegründet. „Für das Kind bestand keinerlei gesundheitliche Gefahr.“ Daniela Koch will das nicht glauben. Sie hofft auf die Untersuchung der Kassenärztlichen Vereinigung. „Ich will, dass die Frau einen Dämpfer bekommt,“ so Koch. Christine Ehrenpfordt sieht den Abbruch gerechtfertigt: „Ich würde das bei jedem anderen Kind auch machen.“ (mz)