Nach Boykottaufruf gegen Silvan Arndt aus Querfurt Nach Boykottaufruf gegen Silvan Arndt aus Querfurt: Der DJ der nicht leise ist

Querfurt - Was wäre, wenn? Die Gedankenspiele, mit denen sich Silvan Arndt derzeit beschäftigt, lösen schon ein mulmiges Gefühl in ihm aus. Er soll als DJ, Unterhalter und Veranstaltungsservice boykottiert werden, das ist seine berufliche Existenz. Etliche Aufrufe dazu seien ihm bekannt. „Momentan bekomme ich von vielen Seiten Unterstützung, aber was, wenn die besorgten Bürger von Querfurt es wirklich schaffen, mein Geschäft weiter zu schädigen“, fragt er. Seine Antwort: „Dann ist es eben so.“
Resignieren will er aber nicht. Der 43-jährige befindet sich in einem Spannungsfeld: Auf der einen Seite steht seine Musik, auf der anderen sein politisches Engagement. Anlass, dass die Wellen um seine Person hochschlagen, sei sein Engagement für Flüchtlinge und gegen Rassismus. Da ist sich der sechsfache Vater aus Querfurt sicher. Insbesondere, weil seit September 2015, als die Flüchtlingskrise immer mehr auch im Kreis zum Thema wurde, die Anfeindungen und Drohungen massiv zugenommen hätten.
Linken-Politiker
Der Linken-Politiker, der seit fast zwei Jahren zur der Partei gehört und für diese im Stadtrat sitzt, stand in den letzten Monaten immer an vorderster Front, wenn es beispielsweise darum ging, den „Spaziergängen der besorgten Bürger“ etwas entgegenzusetzen. In erster Reihe war er auch zu finden, als es um die Gründung des Aktionsbündnisses „Querfurt für Weltoffenheit“, das Integrieren der damaligen Asylbewerber ging.
„Mein Problem ist, dass ich einfach zu direkt bin“, sagt er über sich selbst. In seiner Meinung standhaft, bekundet der gelernte Gerüstbauer diesie immer wieder öffentlich. Oft in sozialen Netzwerken. Leute fühlen sich von dieser Meinung mitunter angegriffen, in eine rechte Ecke gestellt. „Wenn ich jemanden anfeinde, dann wurde ich vorher von diesem Jemand persönlich beleidigt oder angefeindet“, sagt Silvan Arndt selbst dazu. Auf Anraten von Freunden und zum Schutz seiner Familie halte er sich mit seiner öffentlichen Meinung seit kurzem eher zurück.
Arndt sieht sich als Aufklärer
Trotzdem sieht sich im Internet selbst weiterhin als Aufklärer: Leuten aufzeigen, „dass die Organisatoren der Spaziergänge zum Beispiel nachweislich Nazis sind. Das heißt aber nicht, dass die Mitläufer für mich auch Nazis sind“, sieht er sich von einzelnen Personen falsch verstanden. Vier, fünf Anzeigen wegen Beleidigung wurden bisher gegen ihn erstattet. Anlass waren Bemerkungen in sozialen Netzwerken. Einfach leiser, sachlicher argumentieren, das hat sich Arndt jetzt vorgenommen.
Sich ganz zurückzuziehen, das könne er aber nicht, sagt er. Äußerungen, die er für Lügen oder Spekulationen halte, lasse er nicht unkommentiert stehen. Gerade dann nicht, wenn gegen Flüchtlinge gewettert werde. „Menschen, die unbegründet gegen Flüchtlinge wettern, tragen für mich rassistische Züge. Aber natürlich sehe ich auch, dass es auch straffällige Flüchtlinge gibt und die Flüchtlingspolitik Deutschlands auch kritisch zu sehen ist“, sagt er. Die Neuankömmlinge in Querfurt hätten allerdings nie jemandem etwas getan. Sie verdienten Menschlichkeit, keinen Rassismus.
Anfeindungen an der Tagesordnung
Anfeindungen gegen seine Person seien - zumindest in sozialen Netzwerken - an der Tagesordnung. Das liege nicht an seinen teils provokanten Kommentaren, meint er. Diese gehörten zur freien Meinungsäußerung. Einschüchtern lasse er sich nicht.
Künftig wolle er weniger an der Front stehen; auch beim Aktionsbündnis. So gewinne das Aktionsbündnis vielleicht auch weitere Mitglieder. In der Vergangenheit habe es nämlich Stimmen gegeben, die ihre Bündnismitgliedschaft aufgrund seiner Person verweigerten. Wie es nun mit seinem Geschäft weitergeht, ist ebenfalls unklar. „Ich habe erstmals im April drei freie Wochenenden; so viel wie noch nie in den 31 Jahren als Unterhalter“, sagt er.
Bereits zum Karneval seien ihm acht Veranstaltungen entgangen. Die des Barnstädter Faschingsclubs, bei denen er immer aufgespielt hat. Aus Sorge vor Störungen der Karnevalsveranstaltung, bedingt durch den Hass auf seine Person. „Es war meine Entscheidung, die Veranstaltungen diesmal nicht als DJ zu begleiten“, erklärt er. Weitere Aufträge seien weggebrochen. Etwa in Bad Lauchstädt, wo er einem Gastwirt aufgrund seiner „politischen Meinung untragbar“ geworden sei.
Sechs Jahre wollte er als DJ noch „überleben“, danach in die Politik gehen. Hält es sein Unternehmen nicht mehr so lange, „dann ist es eben so“, sagt er. Nur wegziehen aus Querfurt - das will die Familie nicht, auch wenn sich Arndt aufgrund der Hasstiraden darüber schon Gedanken gemacht hat. (mz)