"Lust auf 40 Euro pro Stunde?" "Lust auf 40 Euro pro Stunde?": Wie das Gymnasium in Querfurt auf Personalsuche geht

Querfurt - „Lust auf 40 Euro pro Stunde?“ Mit dieser Überschrift in einer Anzeige ging nicht etwa ein Wirtschaftsunternehmen auf Suche nach Personal, sondern das Gymnasium Querfurt. Die Offerte, die im sozialen Netzwerk Facebook kürzlich die Runde machte, richtete sich besonders an Studierende, die für die Klassenstufen 5 und 6 Angebote wie Förderunterricht, Hausaufgabenbetreuung, Arbeitsgemeinschaften oder Begabtenförderung an der Schule leiten könnten.
Am Gymnasium Querfurt werden nun dringend Honorarkräfte gebraucht, denn seit diesem Schuljahr ist die Einrichtung auf eigenen Wunsch zu einer Ganztagsschule geworden. Sie ist damit die 13. Schule im Saalekreis, die diesen Weg wählt. Der Fokus soll in Querfurt auf Fördern und Fordern liegen.
Offene Form gewählt
Neu ist nicht nur, dass die Schule Ganztagsschule ist, sondern sie folgt auch dem neuen offenen Modell dieser Schulform. Die Bildungseinrichtung bietet Schülern ein zusätzliches, freiwilliges Programm an. Anders als bei der gebundenen Form der Ganztagsschule kann sich die Einrichtung bei dieser offenen Variante Partner von außen „einkaufen“, erklärt Bildungsstaatssekretärin Eva Feußner (CDU) bei der Übergabe des Ganztagsbescheides. Eine Verordnung sei dahingehend angepasst worden.
Grund ist der Lehrermangel. „Da gehen wir auch ehrlich mit um“, so Feußner, „wir können nicht so viele Lehrkräfte im Ganztagsbetrieb einsetzen, wie das mal vor einigen Jahren war.“ Das Land stellt für die neuen Referenten Geld zur Verfügung, damit die Honorarkosten - die Marge liegt laut Feußner zwischen 30 und 70 Euro je nach Qualifikation - bezahlt werden können. Die Schule musste in ihrem Konzept unter anderem eine Zahl der Schüler angeben, die voraussichtlich das Ganztagsangebot wahrnehmen wird.
„Wir rechnen in den 5. und 6. Klassen mit 100 Prozent Beteiligung“
Auf circa 300 der insgesamt 700 Schülerinnen und Schüler wurde diese Zahl geschätzt, sagt Schulleiter Ralf Walzebok. „Wir rechnen in den 5. und 6. Klassen mit 100 Prozent Beteiligung“, erklärt er. Das sind rund 200 Kinder. Auch die 7. und 8. Klassen sollen einbezogen werden. „Da rechnen wir mit circa 100 Schülern“, sagt der Schulleiter, der sichtlich froh ist, dass der Anfang des Jahres eingereichte Antrag genehmigt wurde.
Aufgrund sehr guter Kooperationen, zum Beispiel mit dem Sportverein TSG Gymnasium Querfurt und der Musikschule, konnten in der Vergangenheit mehrere Arbeitsgemeinschaften angeboten werden. „Für uns bestand aber das Problem, wie erhalten wir zusätzliche Lernarbeit“, sagt Walzebok. Sogenannte ergänzungsschulische Angebote „mussten irgendwann aus Personalgründen gestrichen werden“.
Förderunterricht ist in den vergangenen Jahren zunehmend weggefallen
Förderunterricht sei in den vergangenen Jahren zunehmend weggefallen. Außerunterrichtliche Lernangebote sollen nun wieder verstärkt unterbreitet werden. „Großes Thema ist Fördern und Fordern“, sagt Lehrerin Nadine Wolff, die als Mitglied der Schulleitung für den Ganztagsbereich mit zuständig ist. Einerseits bedeute das, Nachhilfe anzubieten, für Schüler die Schwierigkeiten haben. Andererseits dürften die guten Schüler nicht vergessen werden. „Da wollen wir Begabtenunterricht machen.“
Wenn es so ein Angebot im Fach Englisch geben würde, würde sich Sechstklässlerin Viviana freuen. Es sei ihr Lieblingsfach, mache ihr viel Spaß, sagt die Elfjährige. Doch um das umzusetzen, braucht es Personal. Darum die Anzeige im Internet. Wie Nadine Wolff, bei der sich die Interessierten melden sollten, sagt, gingen bisher über 40 Rückmeldungen ein - von Studierenden, aber auch ehemaligen Schülern und Lehrern sowie Eltern. Lern- als auch Kreativangebote wurden unterbreitet. Für Ideen sei man offen, heißt es.
Skeptische Stimmen
Walzebok räumt ein, dass im Vorfeld der Bewerbung zur Ganztagsschule bei Lehrern und Eltern Überzeugungsarbeit geleistet werden musste. Für den Elternrat sei es wichtig, sagt deren Vorsitzende Jacqueline Böhme, dass die Arbeit der Referenten überprüft und bewertet werde. „Es muss geschaut werden, bringt es den Schülern wirklich was oder ist da jemand, der sagt, hier kann ich leicht mein Geld verdienen.“
Überdies sei es erforderlich, dass sich Fachlehrer mit den Referenten abstimmen, beispielsweise welche Themen für die Schüler gerade bedeutend sind. „Das war für uns als Schulelternrat eine wichtige Voraussetzung“, sagt Böhme. Schulleiter Walzebok pflichtet dem bei. Außerdem meint er, es werde nun auch entscheidend auf die Eltern ankommen.
„Das wird ein Prozess sein.“
Sie sollten erkennen, dass die Ganztagsschule mit ihren außerunterrichtlichen Angeboten etwas ist, „was wir für ihre Kinder machen und was auch angenommen werden soll.“ Er ist sich sicher: „Das wird ein Prozess sein.“
Das Gymnasium in Querfurt ist das dritte seiner Art im Saalekreis, das sich für das Modell der Ganztagsschule entschieden hat. Auch das Gymnasium in Landsberg und das Domgymnasium in Merseburg sind Ganztagsschulen. Die Gemeinschaftsschule in Zöschen, die sich ebenfalls darum beworben hatte, hatte 2017 aufgrund „fehlender Voraussetzungen“ eine Absage erhalten. (mz)