Klinik für Psychiatrie in Querfurt Klinik für Psychiatrie in Querfurt: Ungesunder Arbeit auf den Grund gehen
Querfurt - Die Zahlen sind alarmierend: Laut Berechnungen der Krankenkasse Barmer GEK sind jedes Jahr rund 33 Prozent der Bevölkerung von einer psychischen Erkrankung betroffen. „Es kann einen jederzeit erwischen“, sagt Bettina Wilms, die neue Chefärztin der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Carl-von-Basedow-Klinikums in Querfurt.
Am 1. Februar hat sie die Arbeit in der Quernestadt aufgenommen, nachdem sie zuvor elfeinhalb Jahre am Südharz-Klinikum in Nordhausen tätig war. Dass sie in eine ländlich geprägte Region wechselte, lag auch an ihrer Rolle, die sich Wilms selbst zuschreibt: „Ich sehe mich als Versorgungspsychiaterin“, sagt sie.
Eine solche wird dringend gebraucht, wie eine weitere Zahl der Barmer zeigt. Denn nur jeder dritte psychisch Erkrankte erhält in Deutschland eine ärztliche oder psychotherapeutische Behandlung. Zum einen wohl deshalb, weil sich Betroffene scheuen, sich mit ihren Problemen jemandem anzuvertrauen. Zum anderen, weil die Versorgung nicht flächendeckend gewährleistet ist. „Wir müssen dafür sorgen, dass Patienten auch in Wohnortnähe behandelt werden“, meint Wilms.
Und dafür will sie sich in Zukunft auch im Basedow-Klinikum verstärkt einsetzen. Grund ist die Konzentration verschiedener Kliniken in Merseburg oder Querfurt. Jugendliche Patienten aus der Region müssten zur Sprechstunde nach Merseburg fahren.
„Warum sollten wir nicht schauen, ob wir unser gutes Netzwerk mit Merseburg nicht noch besser nutzen und Sprechstunden der Institutsambulanzen in jedem Ort anbieten“, schlägt Bettina Wilms vor. Eine künftige Herausforderung sieht sie auch in der Behandlung vom somatischen Erkrankungen, wenn also die kranke Psyche im wahrsten Sinne des Wortes auf den Magen schlägt. Eine entsprechende Abteilung gibt es bereits auf der Kinderstation in Merseburg, allerdings eben nur für Minderjährige.
Keine Zeit zum Schwächeln
Skeptisch beäugt Wilms übrigens die Wirtschaft. „In vielen Unternehmen ist die Personaldecke auf Rand genäht“, sagt sie. „Wenn man früher mal schwächelte, konnte man sich als Arbeitnehmer mal etwas rausnehmen, das geht in der heutigen Arbeitswelt nicht mehr“, sagt sie. Der Leistungsdruck in Unternehmen sei heute enorm. Hinzu käme eine oft unmenschliche Führungskultur. Gesundheitsmanagement spiele in großen Teilen der Wirtschaft nur eine untergeordnete Rolle.
Hinzu kommen private Belastungen. „Vor allem pflegende Menschen sind am Rande ihrer Kräfte“, sagt Wilms. Unzufriedenheit und Erschöpfung entwickelten sich zu einer Spirale, die die Menschen erfahrungsgemäß tiefer in psychische Erkrankungen zieht - wenn sie keine Hilfe suchen. „Nach gut zwei Jahren kenne ich in der Region die Unternehmen, die Arbeitnehmern nicht gut tun“, sagt sie.
Für Menschen, die sich jetzt womöglich wiedererkannt haben, hat die Chefärztin aus Querfurt aber auch einige Tipps parat, wie Körper und Geist auf einfachem Wege etwas Erholung verschafft werden können.
„Man sollte ab und zu mal alle technischen Geräte wie Handy, Tablet und Computer abschalten und einfach mal nur eine Sache zur gleichen Zeit machen“, rät die 51 Jahre alte Expertin. Und, das ist vielleicht der wichtigste Tipp, um einen Übertouren vorzubeugen: „Man sollte Nein sagen können, auch wenn das schwer ist.“ (mz)