Mit Alaska die Nase vorn Kaninchenzüchterin Rosanna Kasuch ist mit Alaska-Kaninchen erfolgreich

Querfurt - Wenn sich Rosanna Kasuch etwas in den Kopf gesetzt hat, dann macht sie das auch. Das war schon immer so - auch damals, als sie mit sieben Jahren beschloss, Kaninchenzüchterin zu werden. Die Eltern hatten eine erfolgreiche Schäferhundzucht, so etwas wollte sie auch. Aber etwas eigenes. Niedliche Kaninchen.
Inzwischen macht Rosanna Kasuch Abitur, an diesem Donnerstag hat sie ihren 18. Geburtstag gefeiert. Und im Garten ihrer Eltern in Nemsdorf-Göhrendorf bei Querfurt steht längst nicht mehr nur ein Kaninchenstall: Etwa 50 Tiere gehören aktuell zu Rosannas Zucht, davon etwa 35 Jungtiere im Alter von drei bis acht Wochen.
„Damals, als Kind“, erinnert sie sich, „ging es mehr ums Spielen oder zum Kuscheln mit ins Bett nehmen.“ Heute hat sie einen ganz eigenen Blick, wenn es um ihre Alaska-Kaninchen geht. Als der MZ-Fotograf fast schon am tiefen, weil kontrastarmen Schwarz der Tiere zu verzweifeln droht, meint sie nur lächelnd: „Das ist gut, wenn sie so schwarz sind. Das gibt viele Punkte.“
Rosanna Kasuch gewann mit ihren Kaninchen mehrere Preise
In einer Vitrine gleich bei einigen der überdachten Ställe wird die beeindruckende Kaninchenzucht-Karriere der Jugendlichen greifbar: Pokale, Urkunden, Schleifen, Preis-Teller und -Krüge. Rosanna Kasuch ist unter anderem zweifache Deutsche Meisterin in der Jugendklasse, mehrfach erlangte sie mit ihren Tieren den Landestitel von Sachsen-Anhalt.
Einmal, das war 2014 und sie gerade 13 Jahre alt, wurden ihre Kaninchen bei der Landesverbandsschau mit 389 von 400 möglichen Punkten am höchsten von allen Teilnehmern bewertet. Sie erhielt dafür die bronzene Plakette des Bundeslandwirtschaftsministeriums. Da staunten auch die alten Hasen der Kaninchenzucht nicht schlecht.
Von Kaninchen und HasenWenn von Langohr, Mümmelmann oder Hase die Rede ist, ist doch manchmal das Kaninchen gemeint. Dabei gibt es etliche Eigenschaften, die Hase und Kaninchen voneinander unterscheiden.
So sind Erstere größer, schlanker und besitzen kräftigere Hinterläufe sowie längere Ohren, als sie Wildkaninchen haben. Der Hase, ein Einzelgänger, kommt mit Fell und sehend zur Welt, während Kaninchen Nesthocker sind, die mit geschlossenen Augen und nackt geboren werden und in Kolonien leben.
Zudem eignen sich Hasen nicht für die Haltung - im Gegensatz zu den Kaninchen: Hierzulande werden laut dem Zentralverband Deutscher Rasse-Kaninchenzüchter knapp 100 Rassen in über 370 Farbenschlägen gezüchtet. (mz)
Und: „Das Telefon stand nicht mehr still“, erinnert sich ihr Vater André Kasuch, der längst ebenfalls Feuer und Flamme für Alaska-Kaninchen ist und seine Tochter begeistert bei ihrem zeitaufwendigen Hobby unterstützt.
Noch vor der Arbeit füttert er die Tiere, abends erledigen sie das zusammen. Wenn eine Häsin in der Nacht geworfen hat, legt er Rosanna früh einen Zettel hin. Die Nestkontrolle macht sie stets selbst. Und die Rollen von Vater und Tochter sind klar verteilt, wie beide amüsiert berichten: Sie ist die Chefin, er der „Stallmeister“.
18 Jahre alt: Rosanna Kasuch fällt unter Kaninchenzüchtern auf
Als junge Frau in einem Hobby, das den Ruf hat, bevorzugt von Männern ab sechzig ausgeübt zu werden. Das fällt auf. Doch abgesehen davon, dass es in ihrem Verein, dem G 181 Mücheln, noch eine Züchterin gibt, die nur ein Jahr älter als sie selber ist, macht es für Rosanna keinen Unterschied, wie alt ihr Gegenüber ist, mit dem sie über Kaninchen fachsimpelt.
„Meine Freunde können sich das oft nicht vorstellen, was das bedeutet“, erzählt die Abiturientin, „aber sie finden es cool, dass ich nicht zwei Kaninchen habe, sondern 50. Und dass ich das mit Herz und Seele mache.“ Das Hobby nehme einen großen Teil ihrer Freizeit ein: „Füttern, säubern, pflegen - und oft einfach nur dasitzen, beobachten und austüfteln, welche Verpaarung erfolgreich sein könnte“, so die junge Züchterin, die in ihrer freien Zeit ansonsten gerne Freunde trifft, mit den Hunden der Familie spazieren geht und im Karnevalsverein tanzt.
„Rosanna hat sich unter den Alaska-Züchtern längst einen Namen gemacht und ist deutschlandweit ganz vorn dabei“, sagt Peter Schreiber, der froh ist über dieses erfolgreiche Mitglied im G 181 Mücheln. Eines, bei dessen Tieren der Zuträger dem Preisrichter gerne mal zuraunt: „Jetzt wird’s interessant.“
Kaninchenzüchter: Es ist ein aussterbendes Hobby
Es sei selten, so der Vereinschef, dass der Nachwuchs - wie die gerade Volljährige vor gut zehn Jahren - das Hobby von sich aus wähle. „Sonst sind die ganz Jungen im Verein ja meist Kinder von Mitgliedern“, erzählt Schreiber, der für die fernere Zukunft der Kaninchenzucht keine großen Hoffnungen hat: „Das ist leider ein aussterbendes Hobby.“
Ganz so will das Sebastian Bartels nicht sehen - auch wenn die Mitgliederzahlen in den Vereinen zurückgehen. Der Referent für Öffentlichkeitsarbeit beim Landesverband der Kaninchenzüchter Sachsen-Anhalt spricht lieber darüber, wie modern dieses Hobby heute auch sein kann.
„Mittlerweile werden die Zuchtdaten in speziellen Computerprogrammen erfasst. Da nimmt mancher den Laptop mit zum Stall, um diese einsehen zu können - oder um beim Durchwiegen der Tiere gleich die Excel-Tabelle mit den neuen Zahlen zu füttern.“ Zu den Schauen könnten die Preisrichter über einen QR-Code zusätzliche Informationen, vor allem Bilder, zu den Bewertungsstandards der Rassen und Farbenschläge im Internet aufrufen. Und sind „oftmals begeistert, was man mit der neuen Technik alles tun kann“.
Kaninchenzüchter sind im Durchschnitt über 60
Auch der Verband selbst will sich jung präsentieren. Zwar beträgt das Alter der gut 2.000 Mitglieder nach Bartels’ Schätzung im Schnitt „sicher 60, 65“, aber der halbe Vorstand sei unter 45. „Wir sind recht aktiv auf Facebook und mit unserer Webseite“, so der 40-Jährige. Und vor der Bundes-Rammlerschau, die man dieses Jahr nach Halle geholt hatte, wurde auf Youtube über die Vorbereitungen berichtet.
So zeitgemäß die Hilfsmittel heute sein mögen, so ausgetüftelt das Futter, so modern die Gehege - das Grundprinzip der Kaninchenzucht ist dasselbe wie vor 100 Jahren: die Tiere vermehren, um sie zu verkaufen oder zu essen. Ist Letzteres ein Problem für die junge Züchterin? „Nein, ich helfe auch mit beim Schlachten“, so Rosanna Kasuch. „Das gehört dazu.“
Ihre Zucht möchte sie auch nach dem Abi weiterführen. „Ich hätte Lust zu studieren“, sagt sie. Deutsch auf Lehramt oder Sozialpädagogik. „Aber nicht so weit weg, damit ich schnell wieder zu Hause bin.“ Nach den letzten Prüfungen im Juni will die ältere von zwei Schwestern jedoch erst einmal ihren langen Sommer genießen: auf Abschlussfahrt mit den Mitschülern, im Urlaub mit der Familie und mit ihrem Freund. Bevor es dann, im Herbst, wieder spannend und sehr arbeitsintensiv wird, wenn die Ausstellungen anstehen. Und natürlich das Studium.
Die rote Schleife: So kam Rosanna Kasuch auf Alaska-Kaninchen
Aus dem Mädchen, das Kaninchen einfach niedlich fand, ist eine Kennerin geworden, die genau weiß, wie ihre Alaskas aussehen sollen: „Das Gesamtpaket muss stimmen: breite Stirn, volles Fell, keine Riesenohren, nicht zu schmale Schultern. So, dass man genauer hinschaut, wenn man sie sieht.“ Ein Anspruch, dem ihre Kaninchen ganz offenbar entsprechen. Im vergangenen Jahr durchbrach Rosanna Kasuch bei einer Schau die „Schallmauer“ von 390 Punkten. Und wurde für ihre Tiere gleich mit neun Schleifen geehrt.
Solch eine Schleife war es, die sie damals als Siebenjährige den Entschluss fassen ließ, gerade Alaska-Kaninchen zu züchten. „Auf der Ausstellung, auf der ich mir eine Rasse aussuchen sollte, trug das Siegertier, eine Alaska-Häsin, eine rote Schleife.“ Keine Chance damals für ihre Mutter, sie zu schwarz-braunen Lohkaninchen zu überreden. (mz)