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Prozess zu Online-Verkäufen Zwei Jahre und drei Monaten Haft ohne Bewährung wegen Betrug: Arbeitsloser bot im Internet Dinge an die er nicht besaß

Von Petra Korn 03.02.2021, 12:57
Der Screenshot zeigt das Logo des Internet-Auktionshauses Ebay.
Der Screenshot zeigt das Logo des Internet-Auktionshauses Ebay. dpa

Quedlinburg - Mal ist es eine Playstation, dann ein iPhone, mal ein Smartphone der Marke Samsung, mal eine Xbox: In insgesamt 19 Fällen hat ein 46-Jähriger in der Zeit zwischen Mai 2018 und Juli 2019 Dinge auf einer Internetplattform angeboten, sie „versteigert“ oder „verkauft“; in einem Fall blieb es beim Versuch. Wirklich besessen hat er nichts von alledem. Jetzt musste er sich wegen Betrugs vor dem Amtsgericht Quedlinburg verantworten.

In jedem einzelnen Fall hielt der Staatsanwalt ihm vor, falsche Tatsachen vorgespiegelt zu haben, gar nicht willens gewesen zu sein, die Ware zu liefern. Vielmehr sei es ihm nur darauf angekommen, den Versteigerungs- bzw. Verkaufserlös zu erhalten, habe er sich nicht nur eine vorübergehende Einnahmequelle schaffen wollen.

„Damit ich meine Familie über Wasser halten, unsere Schulden bezahlen kann“

Der Angeklagte gab jede einzelne Tat zu. „Das stimmt“, sagte er, oder „das ist so korrekt“. Der Gesamtschaden: 6.810 Euro. Sie müsse ihn erneut fragen, warum er das gemacht habe, sagte Richterin Antje Schlüter. Eine Frage, die sie dem 46-Jährigen schon zwei Wochen zuvor gestellt hatte, als er sich wegen ähnlicher Taten vor Gericht verantworten musste.

„Damit ich meine Familie über Wasser halten, unsere Schulden bezahlen kann“, erklärte der Angeklagte. Er habe die Rechnungen für den Strom nicht bezahlen können, ein Einstellen der Versorgung habe gedroht.

„Weil ich keinen Ausweg mehr gesehen habe, habe ich diese Straftaten begangen“, sagte er. „Es tut mir leid, was ich da gemacht habe. Ich bin leider zu spät aufgewacht.“ Er habe Angst gehabt, dass alles auffliege, räumt er auf Nachfrage der Richterin ein.

„Hatten Sie keine Angst, dass die Leute bei Ihnen vor der Tür stehen?“, hakte die Richterin nach. „Das war auch schon so“, berichtete der Angeklagte. „Ich habe ihnen dann Geld gegeben, und sie sind wieder gegangen.“

„Hatten Sie keine Angst, dass die Leute vor der Tür stehen?“, hakte die Richterin nach

Er habe teilweise auch Geld zurückgezahlt, bis er durch die Untersuchungshaft seine Arbeit verloren habe, so der 46-Jährige weiter. An wen, wie viel – da habe er keinen Überblick mehr, auch nicht über die begangenen Straftaten.

Der Angeklagte habe alle Taten in vollem Umfang eingeräumt, stellte der Staatsanwalt fest. Doch er habe eine „riesige Vorstrafenliste“ – 26 Einträge gibt es im Bundeszentralregister -, die letzten wegen Betrugs.

Er habe zur Tatzeit unter Bewährung gestanden und trotzdem weiter Menschen betrogen. „Er ist da unverbesserlich gewesen“, so der Staatsanwalt. Er beantragte eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten.

Aus Sicht des Verteidigers „unverhältnismäßig“: Vor zwei Wochen sei sein Mandant wegen zwölf ähnlicher Taten zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten verurteilt worden, so der Verteidiger, der zudem darauf verwies, dass über alle – dann 31 - Straftaten auch hätte zusammen verhandelt werden können.

Der Angeklagte „hat seine Schuld eingeräumt, er ist auch reumütig“, so der Verteidiger. „Ich denke schon, dass ihm das eine Lehre gewesen ist, nicht nur die U-Haft, in der er gesessen hat, sondern auch die beiden Verhandlungstage mit der Aussicht, einen Teil der Strafe absitzen zu müssen.“ Der Verteidiger beantragte eine Strafe von höchstens zwei Jahren.

Das Gericht verurteilte den 46-Jährigen wegen gewerbsmäßigen Betrugs zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten - ohne Bewährung - und ordnete die Einziehung der Schadenssumme an.

„Der Angeklagte hat uns eine sehr aufwendige Beweisaufnahme erspart“, sagte Richterin Antje Schlüter. „Das ändert nichts an dem strafrechtlichen Gehalt.“ 19 Betrugshandlungen – „das ist schon ein ganzer Packen“. Hinzu kämen die einschlägigen Vorstrafen und dass der 46-Jährige zur Tatzeit unter Bewährung gestanden habe.

(mz)