1. MZ.de
  2. >
  3. Lokal
  4. >
  5. Nachrichten Quedlinburg
  6. >
  7. Wie war das im Mittelalter?

Schloss Ballenstedt Wie war das im Mittelalter?

Die Neueröffnung der Ausstellung zu Albrecht dem Bären rückt näher. Welche Entdeckungen gemacht wurden - und Besucher machen können.

18.04.2021, 13:00

Ballenstedt - In wenigen Wochen können Besucher des Ballenstedter Schlosses eine virtuelle Zeitreise unternehmen: Vom Mittelalter über das Barock und die DDR in die Gegenwart. Möglich macht das ein Computerprogramm, das in der Krypta des Ballenstedter Schlosses zum Einsatz kommt und Teil der neugestalteten Ausstellung zu Albrecht dem Bären ist. Sie soll am 23. Mai eröffnet werden, ihr Motto: „Albrecht der Bär - Herausgetreten aus dem Schatten“. Ziel ist es, Leben und Wirken Albrechts auf dem wissenschaftlich neuesten Stand zu präsentieren.

Museal neu gestaltet wurden dafür die Bereiche um Grablege und Krypta. Sie stellen die letzten Überreste der Klosterkirche St. Pancratius und Abundus, dem Vorgängerbau des Barockschlosses, dar, erklärt Christian Mühldorfer-Vogt, Amtsleiter für Kultur und Bürgerservice. „Da sowohl die Grablege als auch die Krypta romanischen Ursprungs sind, werden so absolute Alleinstellungsmerkmale des Ballenstedter Schlosses aufgewertet. Beide Bereiche sind auch der Grund, dass das Schloss Teil der Straße der Romanik ist.“

Grablege und Krypta wurden bauhistorisch untersucht

„Eine wichtige Grundlage der gesamten Maßnahme bestand darin, sie mit einer wissenschaftlichen Basis auszustatten“, so Mühldorfer-Vogt, der an die überregional beachtete Tagung zu Albrecht im September 2019 im Schloss erinnert, an der Wissenschaftler aus ganz Deutschland teilnahmen und neueste Erkenntnisse der Albrecht-Forschung präsentierten.

Daneben gab es eine bauhistorische Untersuchung in Grablege und Krypta. Dabei wurde herausgefunden, wozu der Anbau gedient hat, der von der Krypta abzweigt: Er ist eine barocke Grabkammer. In diesem Raum seien tatsächlich einmal zwei Särge zu finden gewesen, sagt Projektleiterin Sandra Leinert. Diese Entdeckung sei eine der interessantesten in der bauhistorischen Untersuchung gewesen, „denn man wusste nicht, welche Funktion der Anbau hatte“. Das sei erst klar gewesen, nachdem ein Bauhistoriker im Archiv eine Zeichnung entdeckte, auf der zwei Särge dargestellt waren.

Wie die Krypta zu Zeiten Albrecht des Bären ausgesehen haben könnte, soll mit Hilfe von „Augmented Reality“ verdeutlicht werden: „Mit Hilfe eines Tablets kann sich der Besucher die jeweiligen Zeitebenen dieses Ortes virtuell vor Augen führen“, sagt Sandra Leinert. Die UniGlow Entertainment GmbH, ein Start-up-Unternehmen aus Wernigerode, erstellt im Auftrag der Stadt Ballenstedt eine App für einen virtuellen Rundgang. Noch werde an letzten Feinheiten gearbeitet, die Projektleiterin ist aber jetzt schon begeistert, beispielsweise von der Mittelalter-Darstellung der Krypta: „Man dreht sich und steht in einem Raum ohne Wände, da sind tatsächlich nur die Säulen. Das ist sehr beeindruckend.“

Es gibt eine App für den virtuellen Rundgang

Über einzelne Objekte im Raum lasse sich auch mehr erfahren, wenn sie angeklickt werden. Da gebe es neben Fachwissen auch manches andere, sagt Sandra Leinert und nennt als Beispiel die braunrote Farbe an einem der Säulenkapitelle: Zu DDR-Zeiten hätte man überschüssige Rostschutzfarbe von Pinseln entfernt, indem man sie einfach an der Säule abgestreift hat.

Nun sind Restauratoren in mühsamer Kleinarbeit dabei, diese und andere Schäden zu beseitigen. Mit der Sanierung und Konservierung von Krypta und Grablege beauftragt ist die Restauratorenkollegium Blankenburg GbR, die schon andere Mittelalter-Bauten in der Region betreut hat: Auf der Burg Falkenstein war die Firma eigenen Angaben zufolge mit der Konservierung und Restaurierung von Malereien und dem Neuentwurf der Ausstattung betraut, in der Stiftskirche Quedlinburg hat sie die Bestandsaufnahme originaler Putze übernommen.

Bei der Um- und Neugestaltung „haben wir unterschiedliche Ziele verfolgt“, erklärt Sandra Leinert. „Die Krypta sollte in Bezug auf mögliche Inszenierungen sehr zurückhaltend behandelt werden, anders hingegen die Gestaltung im Bereich der Grablege von Albrecht.“ Aus Pietätsgründen sei die Grablege selbst kaum umgestaltet worden, „hier wurde lediglich ein Lichtdesign eingeführt und die von den Nationalsozialisten 1937/38 eingebaute Grabplatte entfernt und stattdessen mit einem Kunstwerk von Margit Jäschke ersetzt.“

Die Grabplatte soll künftig im Vorraum als Hauptexponat der neuen Ausstellung dienen. „Dieser Bereich wird nicht nur grundlegend neu gestaltet, sondern beinhaltet auch unterschiedliche technische Vermittlungsebenen von eher klassischen Schubladen bis hin zu High-Tech-Monitoren mit entsprechender Software“, betont Christian Mühldorfer-Vogt.

Inhaltlich bildeten der von Paul Schultze-Naumburg 1937/38 durchgeführte Komplettumbau der Grablege und die damit verbundenen Ziele „einen wichtigen Punkt im Erzählstrang der neuen Ausstellung“, betont der Kulturamtsleiter: „Weiterhin geht es hier unter anderem auch um die historische Person von Albrecht dem Bären und die mit ihm verbundene Geschichte der askanischen Familie.“ (mz/ku)