Sanierung der Stiftskirche in Quedlinburg Warum Steinmetze nach einem Muster arbeiten
Die Suche nach passenden Dachziegeln ist kompliziert, dasselbe gelte für das „restauratorische Überarbeiten“ der Fassade.
Quedlinburg - Seit etlichen Wochen sind die Nord- wie die Südseite der Stiftskirche eingerüstet: Über das Efre-Förderprogramm der EU, über das bis Ende dieses Jahres insgesamt mehr als zehn Millionen Euro auf dem Quedlinburger Stiftsberg investiert werden, erfolgen auch Arbeiten an der baulichen Hülle der Kirche.
Ein Fokus liegt dabei auf dem Dach: Auf der Nordseite ist der Dachstuhl des Mittelschiffes bereits repariert, sind die Zimmererarbeiten abgeschlossen, erklärt Volker Barth, Leiter des Teams Stiftsberg bei der Stadtverwaltung. Auch ein sogenanntes Unterdach mit Dachpappe ist schon aufgebracht, der Bereich wieder regendicht.
Um das Dach wieder mit Ziegeln eindecken zu können, wird noch nach den passenden gesucht: „Die Dächer des Hohen Chores und des Querhauses sind schon saniert. Wir versuchen jetzt, einen ähnlichen Ziegel zu bekommen.“ Wiederverwendet werden soll, was von der alten Eindeckung geborgen werden konnte. Doch übermäßig viel war das nicht: Die Ziegel auf der Nordseite waren noch mit Mörtel verstrichen worden.
„Damit kein Kondenswasser entsteht und das Holz fault, dürfen keine Metallteile im Dachstuhl sein.“
Uta Siebrecht, Museumsleiterin
Aktuell laufen die Arbeiten am Dach auf der Südseite des Hauptschiffes. Dafür wurden die Ziegel auf einer Höhe von etwa 2,50 Metern aufgenommen, um den Fußpunkt der Dachkonstruktion sanieren zu können. „Wir haben festgestellt, dass wir auch hier jedes Gebinde reparieren müssen“, erklärt Volker Barth.
Das heißt: Wie auf der Nordseite sind an jedem Verbund von Sparren – die von der Traufe zum First verlaufenden Träger der Dachhaut– und Deckenbalken Arbeiten erforderlich. Zudem soll bei früheren Reparaturen Eingebautes entfernt, der Dachstuhl so wieder hergestellt werden, wie er ursprünglich war. „Entscheidend ist, dass keine Metallteile mehr im Dachstuhl sind, damit kein Kondenswasser entsteht und das Holz irgendwann fault“, ergänzt Uta Siebrecht, Leiterin der Städtischen Museen und Archive.
Im Efre-Programm enthalten ist auch die Reparatur der Dachkonstruktion der Seitenschiffe. „Hier haben wir jetzt den Bericht des Holzschutzgutachters bekommen“, erklärt Volker Barth. „Wir gehen davon aus, dass wir die alte Kupfereindeckung belassen und die Reparatur von innen ausführen können, weil die Schäden nicht so groß sind.“
Bleibt die Fassade. „Die bereitet uns etwas größere Sorgen“, sagt der Teamleiter. Vorgesehen war hier, die Fassade durch Steinmetze überarbeiten und das durch Restauratoren begleiten zu lassen. So ist es auch in die Förderanträge eingeflossen. Weil es aber für die Stiftsgebäude ein neues Fassadenkonzept gibt und die Kirche in ihrem dunklen Farbton nicht zum Gesamterscheinungsbild passen würde, ist an deren Nordseite eine Musterfläche angelegt worden.
Gewählt wurde bewusst ein Bereich mit vielen Schäden, „damit man alles, was auftreten könnte, schon mal ausführt“, erläutert Volker Barth. Das reicht vom Vernadeln, um das Mauerwerk zu festigen, über das Beseitigen früherer, auffälliger Reparaturspuren, das Schließen von Rissen, das Ergänzen fehlender Steinteile oder den Austausch kompletter Steine bis hin zum Reinigen und Verfugen.
Wie diese viel heller, gleichmäßiger wirkende Musterfläche soll einmal die gesamte Fassade der Kirche aussehen. Das ist jetzt gemeinschaftlich durch den Bauherren – die Stadt und die einbezogenen Vertreter der Kirchengemeinde – die Untere und die Obere Denkmalschutzbehörde entschieden worden, erklärt Volker Barth. Damit sei von dem Befund Abstand genommen worden, dass die Kirche einst mit einem vier, fünf Zentimeter dicken Kalkputz verputzt und weiß war.
„Restauratorisches Überarbeiten“ der Fassade soll weitere drei Millionen Euro kosten
Allerdings: Ihr komplett helleres Antlitz wird die Kirche nicht im Rahmen des Efre-Projektes erhalten. Die Fassade soll repariert werden: „Alles, was eingerüstet ist, wird vom Restaurator und Bauforscher gesichtet“, erläutert Barth. „Wir haben zum Beispiel in der Fassade des Hohen Chores massive Schäden. Dort werden wir einrüsten und der Steinmetz wird diese Bereiche im Herangehen wie an die Musterfläche aufarbeiten.“
Die Steinmetzarbeiten seien im Projekt enthalten - das restauratorische Überarbeiten hingegen nicht. Volker Barth schätzt den finanziellen Umfang für diese Arbeiten auf etwa zwei bis drei Millionen Euro. „Selbst wenn wir das Budget dazubekommen würden, ist es von der Zeit her nicht machbar.“ Allein das Bearbeiten der wenige Quadratmeter großen Musterfläche habe ein Dreivierteljahr gedauert. Die Restaurierungsarbeiten an der Fassade könnten dann später und stückweise erfolgen.
Im Budget enthalten ist dagegen das Aufarbeiten der Fenster. Hier sollen jetzt die Schäden genau dokumentiert und ein Sanierungskonzept erarbeitet werden, das dann mit den Denkmalschutzbehörden abzustimmen ist. „Es könnte sein, dass bis Ende des Jahres die Aufarbeitung der Fenster noch nicht abgeschlossen ist. Mit allen anderen Arbeiten bis dahin durch zu sein, das sollte uns nach jetzigem Kenntnisstand gelingen“, schätzt der Teamleiter Stiftsberg ein. (mz/pek)